Das Universum wird dir seine Schönheit offenbaren,
und jeder Augenblick deines Lebens
wird wie der erste Sonnenstrahl am Morgen sein.

( Indische Weisheit )



Deepsky - in den Tiefen des Weltraums:

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Hubble Space Telescope - Unser Auge im All
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Allgemeines und Begriffe

Extragalaktische Nebel = Galaxien

M51 - Whirlpool-Galaxie (Sternbild Jagdhunde)
M51 - Whirlpool-Galaxie (Sternbild Jagdhunde)

Als eine Galaxie (griechisch galaxias [männlich] - der milchige Sternennebel, die Milchstraße) wird in der Astronomie allgemein eine gravitativ gebundene große Ansammlung von Materie wie Sternen und Planetensystemen, Gasnebeln, Staubwolken und sonstigen Objekten bezeichnet. Synonym kann auch der Begriff Sternsystem verwendet werden.

Kometen

Komet Hale Bopp (1997)
Komet Hale Bopp (1997)

Ein Komet (von griechisch kometes Haarstern, abgeleitet von kome Haupthaar) oder Schweifstern ist ein kleiner Himmelskörper, der zumindest in den sonnennahen Teilen seiner Bahn eine durch Ausgasen erzeugte Koma aufweist.
Ein Komet besteht im Wesentlichen aus gefrorenem Wasser, Trockeneis, CO-Eis, Methan und Ammoniak mit kleinen Staub- und Mineralienteilchen den Meteoriten ähnlich

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Hubble Space Telescope - Unser Auge im All


Vorwort

Die Planeten des Sonnensystems
Die Planeten des Sonnensystems

Betrachtet man auf einem Berggipfel, fernab von jeder künstlichen Beleuchtung, in einer völlig wolkenfreien, mondlosen Nacht den Himmel, so sind mit bloßem Auge mehrere tausend einzelne Sterne zu sehen. Außerdem sticht das leuchtende Band der Milchstraße ins Auge. Die Milchstraße besteht aus über hundert Milliarden Sternen, wobei jeder einzelne zu schwach leuchtet, um noch mit dem Auge als einzelner Stern erkannt zu werden. Sie bilden eine diskusförmige "Insel im All", die wir als Galaxie bezeichnen. Die Sterne erscheinen uns deswegen so schwach, weil sie sich in "astronomischen" Entfernungen befinden. Dennoch sind die meisten etwa so hell wie unsere Sonne oder sogar noch heller! Wir sehen unsere Galaxie von innen heraus, und unsere Sonne ist nur ein unscheinbares Exemplar unter diesen Milliarden von Sternen. Unsere Sonne liegt dabei näher am Scheibenrand als in der Mitte der Diskusscheibe.

Position unseres Sonnensystems
Position unseres Sonnensystems
Bis zum Beginn der zwanziger Jahre glaubten wir, dass dieses das ganze Universum sei - nur einige hundert Milliarden Sterne in einer diskusförmigen Scheibe mit einem Durchmesser von 100.000 Lichtjahren. Für menschliche Maßstäbe ist dies eine unvorstellbare Ansammlung von Sternen. Ein Lichtjahr misst die Strecke, die das Licht mit einer Geschwindigkeit von fast 300 000 km/s in einem Jahr zurücklegt. Dies entspricht der eindrucksvollen Strecke von ca. 9,5 Billionen Kilometern. Als in den zwanziger Jahren neue und bessere Teleskope entwickelt wurden, entdeckten die Astronomen, dass das, was sie zuvor lediglich als verschwommene und milchige Flecken gesehen hatten, in Wirklichkeit einzelne Galaxien wie die unsere sind, weitere Inseln im Weltall, unfassbar weit von der Milchstraße entfernt. Unsere gesamte Heimatgalaxie schrumpfte in ihrer Bedeutung zusammen: Was wir uns als allumfassendes Universum vorgestellt hatten, war plötzlich nur mehr ein Sandkorn in einem ungeheuer großen Meer, nur eine Galaxie von vielen, genauso wie unsere Sonne nur ein Stern unter vielen anderen ist.

Einer der Wegbereiter dieses Wandels im astronomischen Weltbild war der amerikanische Astronom Edwin Hubble (1889-1953), der nachwies, dass das Universum nicht nur wesentlich größer ist als die früheren Generationen glaubten, sondern sich auch weiter ausdehnt. Die Galaxien bewegen sich im Lauf der Zeit immer weiter auseinander. Diese Entdeckung führte zu der Annahme, dass alles im Universum zu einem bestimmten Zeitpunkt aus einem winzigen, extrem heißen und dichten Feuerball entstanden sein musste: dem Urknall ("Big Bang").

Zu Ehren Edwin Hubbles wurde das Weltraumteleskop, das die atemberaubenden Aufnahmen in diesem Beitrag machte, nach ihm benannt.

Das Hubble Space Teleskop
Das Hubble Space Teleskop
Das Hubble Space Telescope (HST) kann nicht nur viel weiter in den Weltraum hinausschauen, als Hubble selbst oder seine Nachfolger mit ihren erdgebundenen Teleskopen das je konnten. Außerhalb der Erdatmosphäre, die das Licht im UV-Bereich verschluckt, erzeugte das Teleskop bisher unerreicht scharfe Aufnahmen von Objekten in unserer astronomischen Nachbarschaft, dem Sonnensystem. Es zeigte uns Bilder von Aktivitäten im interstellaren Medium unserer eigenen Galaxie, in der Sterne geboren werden und die Reste explodierter Sterne umher treiben. Außerhalb der Milchstraße zeigte das HST Galaxien, die sich gegenseitig beeinflussen und miteinander verbinden, um dann als größere Sternsysteme weiter zu bestehen. Und es wies Schwarze Löcher nach, jene geheimnisvollen Objekte, die mit der millionenfachen Masse unserer Sonne die Sterne in den Kernbereichen einiger Galaxien verschlingen. Es sind gerade die großen Fragen, bei denen das HST neue Antworten geben kann: Fragen über die wirkliche Größe des Universums, sein Alter und ob es sich bis in alle Ewigkeit ausdehnt oder irgendwann in einer fernen Zukunft wieder in einem großen Kollaps ("Big Crunch") in sich zusammenstürzen wird, dem Gegenstück zum Urknall, aus dem es entstand.

Eine Besonderheit tritt bei der Beobachtung von sehr weit entfernten Objekten auf. Es ist sowohl ein Nachteil und als auch ein Vorteil für Astronomen, dass wir weit entfernte Objekte so sehen, wie sie vor langer Zeit ausgesehen haben. Da die Lichtgeschwindigkeit eine bestimmte Größe hat, dauert es eine gewisse Zeit, bis das Licht den Raum durchquert. Wir sehen beispielsweise eine Galaxie in einer Entfernung von 10 Millionen Lichtjahren so, wie sie aussah, als das Licht sie vor 10 Millionen Jahren verließ, und nicht, wie sie jetzt aussieht! Das Problem besteht darin, dass die Astronomen diese Tatsache beim Vergleich von verschieden weit entfernten Objekten berücksichtigen müssen. Zwei Galaxien können nur aufgrund ihres unterschiedlichen Alters verschieden aussehen. In der Biologie würde vergleichsweise niemand annehmen, dass eine Kaulquappe und ein ausgewachsener Frosch der gleichen Gattung angehören, wenn er nur junge Kaulquappen und erwachsene Frösche beobachtet. Durch den Vergleich einer größeren Anzahl von Galaxien in unterschiedlichen Entfernungen und Stadien (und daher verschiedenen Altersgruppen) kann man dennoch eine Vorstellung davon bekommen, wie sich Galaxien entwickeln. Ebenso würde man ja auch schnell die Beziehung zwischen Kaulquappen und Fröschen begreifen, wenn man Beispiele für alle Stadien im Lebenszyklus dieser Tiere studieren könnte. Die einmalige Leistungsfähigkeit des HST erleichtert diese statistischen Studien, zumal einige Bilder Objekte in ihrem Zustand zum Zeitpunkt zeigen, als das Universum erst 10% seines gegenwärtigen Alters erreicht hatte. Wir überblicken damit 90% der Zeit seit dem Urknall.

Wie können wir eine Vorstellung davon erhalten, wie groß das Universum wirklich ist? Selbst die nächstgelegene Galaxie, der Andromedanebel, ist bereits mehr als 2 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und erscheint uns so, wie sie vor 2 Millionen Jahren aussah. Bevor das HST seine Arbeit aufnahm, hatten die Astronomen Entfernungen von mehr als 1 Milliarde Lichtjahren errechnet. In diesem Raum befinden sich ungefähr 100 Millionen Galaxien, von denen bislang nur ganz wenige genauer studiert wurden.

Eine Möglichkeit, um diese Größenordnungen anschaulich darzustellen, ist, alles in "handliche" Größen zu bringen. Beginnen wir mit unserer Sonne, einem durchschnittlichen Stern. Wenn sie nur noch die Größe einer Tablette hat, befände sich der nächste Stern - auch als Tablette dargestellt - in einer Entfernung von ca. 150 Kilometern. Abgesehen von den Sternen in Doppel- oder Mehrfachsternsystemen (die durch ihre Anziehungskraft aneinander gebunden sind) ist dies der durchschnittliche Abstand zwischen den Sternen. Nun verkleinern wir den Maßstab weiter, so dass unsere gesamte Galaxie, die Milchstraße, nur noch die Größe einer Tablette hat. Ähnlich wie Sterne in Gruppen auftreten können, bilden auch Galaxien derartige Häufungen. Unsere Nachbargalaxie, die Andromeda - Galaxie, ist als unsere Begleiterin bei Anwendung dieses Maßstabs gerade 13 Zentimeter entfernt. Aber die Entfernungen zwischen Galaxienhaufen sind im Verhältnis kleiner als die Entfernungen zwischen Sternen. Der nächstgelegene vergleichbare Haufen, die Sculptor - Gruppe, wäre in demselben Maßstab 60 Zentimeter entfernt. Und in nur 3 Metern Entfernung wäre eine ganze Gruppe von 200 Tabletten (von denen jede einzelne eine mehrere Milliarden Sterne umfassende Galaxie darstellt) in einem etwa fußballgroßen Haufen zu finden. Das gesamte bekannte Universum würde sich so von einer Kugel mit einem Durchmesser von vielleicht 1 Kilometer darstellen lassen.

Das Hubble Space Teleskop
Das Hubble Space Teleskop
Galaxien stehen im Verhältnis zu den Sternentfernungen weitaus enger beisammen. Das ist ein Glück für die Kosmologen. Lägen sie genauso weit auseinander wie die Sterne, wäre der Abstand zu unserer Nachbargalaxie etwa 100mal größer als die Entfernung, die mit erdgebundenen Teleskopen überbrückt werden kann. Keine andere Galaxie außer unserer eigenen wäre so gefunden worden, und wir würden annehmen, dass unsere Galaxie - die Milchstraße - das gesamte Universum bilden würde. Wie messen aber die Astronomen diese unvorstellbaren Entfernungen? Den Schlüssel zu diesem Problem liefert eine ganz bestimmte Familie von Sternen, die als "Variable vom Cepheiden-Typ" bezeichnet werden. Sie verändern ihre Helligkeit in einem festen Rhythmus: lichtstark, verblassend und wieder heller werdend. Es stellte sich heraus, dass die mittlere Helligkeit eines Cepheiden in einem festen Verhältnis zu der Dauer der vollständigen Helligkeitsänderung steht, also der Zeit, die er braucht, um von seiner größten Helligkeit über die dunkle Phase zur größten Helligkeit zurückzukehren. Durch die Messung dieser sogenannten Periodendauer lässt sich die wirkliche Helligkeit des Sterns errechnen. Aus der Helligkeit, in der er uns erscheint, können die Astronomen dann die Entfernung errechnen: je weiter er von uns entfernt ist, desto dunkler erscheint er uns. Die Entfernungen zu etwa einem Dutzend Cepheiden in unserer Milchstraße wurde durch andere Methoden ermittelt, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Das Ergebnis ist eine Skala, deren Einteilung es den Astronomen ermöglicht, die Entfernungen zu anderen Galaxien zu bestimmen, wenn sie die Lichtschwankungszyklen von Cepheiden in diesen Galaxien messen können.

Diese Technik fand auch Anwendung, als Hubble die Entfernungen zu einigen nahegelegen Galaxien maß. Hubble erfasste auch Licht von anderen Galaxien, das folgende seltsame Veränderungen zeigte. Wenn Licht von einem Stern oder einer Galaxie durch ein Prisma fällt, wird es in die Spektralfarben zerlegt. In diesem Spektrum finden sich helle und dunkle Querlinien, die wie ein Fingerabdruck zeigen, welche Atome das Licht ausgesendet haben. Das orange - gelbe Licht mancher Straßenlampen beispielsweise wird durch Natriumatome erzeugt. Alle Linien haben genau bekannte Wellenlängen. Aber im Spektrum weit entfernter Galaxien waren alle Linien etwas zum roten Ende des Spektrums hin verschoben. Dies ist die bekannte Rotverschiebung, die durch die Ausdehnung des Universums verursacht wird. Edwin Hubble fand den Zusammenhang zwischen dem Betrag der Rotverschiebung und der Entfernung der Lichtquelle. Ist der Umrechungsfaktor Rotverschiebung/Entfernung bekannt, kann aus der Rotverschiebung die gesuchte Entfernung leicht errechnet werden.

Dabei besteht das einzige Problem darin, das Verhältnis der Rotverschiebungsentfernung zu ermitteln. Der beste Weg zur Lösung dieses Problems wäre die Messung verschiedener Lichtschwankungsperioden an Cepheiden in Galaxien in weit entfernten Galaxienhaufen. Dies stellt sich jedoch mit erdgebunden Teleskopen als ausgesprochen schwierig dar. Aus diesem Grund ist die kosmische Meßlatte immer noch mit einem deutlichen Fehler behaftet. Das HST nimmt unter anderem eine Reihe von Messungen an derartigen Cepheiden in weit entfernten Galaxien vor, wodurch die Unsicherheiten deutlich verringert und die Genauigkeit der Entfernungsmessungen verbessert werden sollen. Wenn wir dann endlich die genauen Entfernungen zu anderen Objekten kennen und ihre Fluchtgeschwindigkeit messen können, ist es ziemlich einfach zurückzurechnen, zu welchem Zeitpunkt das Universum aus dem Urknall entstand. Im Moment können wir nur sagen, dass es irgendwann vor 10 bis 20 Milliarden Jahren geschah, wobei die ersten Ergebnisse von Hubble eher den kürzeren Zeitraum als wahrscheinlich gelten lassen.

Die Astronomen werden anhand dieser Messdaten neben der Ermittlung des Geburtsdatums des Universums auch feststellen können, ob die derzeit stattfindende Ausdehnung in alle Ewigkeit weitergehen oder irgendwann zum Stillstand kommen wird. Kennt man die Entfernung zwischen den Galaxien und ihre Fluchtgeschwindigkeit, lässt sich hochrechnen, wie lange die Ausdehnung noch anhalten wird oder ob die Gravitation diese Bewegung irgendwann zum Stillstand bringt. So trägt das HST sehr viel dazu bei, die Antwort auf die Fragen nach der Herkunft und dem weiteren Schicksal des Universums zu finden.

Das ist natürlich nur die wissenschaftliche Rechtfertigung für das HST. Aber auch wenn Sie überhaupt nichts über die Astronomie wissen oder gar kein Interesse an der Entstehung und dem künftigen Schicksal des Universums haben, können Sie die faszinierenden Bilder aus dem Weltraumteleskop genießen. In diesem Beitrag sind einige der spektakulärsten Aufnahmen zusammengestellt, die während der Beobachtungen und Messungen anfielen. Vor allem rückte das HST wieder das Gefühl für die Wunder der Welt, in der wir leben, in die Mitte des Blickfeldes.


Entstehung Hubble


Die Idee:

Das Hubble Space Telescope (kurz: HST) wurde mit dem Ziel entwickelt, eine große Zahl von sehr unterschiedlichen Beobachtungen über die gesamte Spannweite astronomischer Objekte, von Asteroiden und Kometen im Sonnensystem bis zu supermassereichen Galaxienhaufen am Ende des Universums, durchzuführen. Das HST erforscht auch unsere eigene Milchstraße. Sein hervorragendes Auflösungsvermögen erlaubt es, die Bildung von Sternen in riesigen Gas- und Staubwolken zu beobachten. Die Strukturen und der Aufbau anderer Galaxien können in allen Einzelheiten studiert werden.

Der Begriff des "expandierenden Universums" ist untrennbar mit dem amerikanischen Astronomen Edwin Powell Hubble (1889 - 1953) verbunden, der ein Pionier bei der Entdeckung von Galaxien außerhalb der Milchstraße war. Es lag deshalb nahe, 1983 das bislang größte Observatorium im Weltraum nach ihm zu benennen. Hubble studierte Physik und Astronomie an der Universität von Chicago. Er promovierte in Astronomie und arbeitete die meiste Zeit in dem Observatorium auf dem Mount Wilson.

Das Projekt, aus dem das HST entstehen sollte, wurde 1977 präsentiert und sah vor, das Teleskop mit geschätzten Kosten in Höhe von 450 Millionen Dollar zu entwickeln und 1983 zu starten. Allerdings wurde die NASA aufgefordert, einen Partner zu suchen, um die Kosten auf mehrere Einrichtungen zu verteilen. Die Europäische Weltraumagentur (ESA) erklärte sich bereit, sich zu 15% an dem Projekt zu beteiligen. Beim Bau eines Satelliten dieser Größe traten jedoch unerwartete Schwierigkeiten auf, die immer wieder zu Verzögerungen führten. Als neuer Starttermin wurde 1986 angestrebt, doch die Challenger Katastrophe zwang die gesamte Shuttle - Flotte auf den Boden. Wieder wurde der Start des HST verschoben, diesmal auf 1990. Mittlerweile stiegen die geschätzten Kosten für die Planung und den Bau auf das Dreifache. Diese Kostenexplosion sollte aber keinen Nachteil darstellen, da die Ingenieure die Zeit nutzten, um verschiedene System des Teleskops weiter zu verbessern. In Baltimore wurde das Space Telescope Science Institute (STScI) als Verwaltungs- und Wissenschaftszentrum gegründet.

Edwin Powell Hubble
Edwin Powell Hubble



Das Bild zeigt Edwin Powell Hubble am Leitfernrohr des Schmidt Teleskops auf dem Palomar Observatory um 1950. Das Weltraumteleskop, welches seinen Namen trägt, geht den großen Fragen der Kosmologie nach, die er aufgeworfen hat.
Hubble Space Telescope
Hubble Space Telescope

Das HST ist den Astronomen auch bei der Ermittlung der entscheidenden "Meßlatte" behilflich. Die Entfernungen zu astronomischen Objekten außerhalb des Sonnensystems können nicht direkt gemessen werden, weshalb indirekte und oft unsichere Meßmethoden zur Anwendung kommen. Je weiter ein Objekt entfernt ist, desto ungenauer ist in aller Regel die Schätzung seiner Entfernung. Die Entfernungen werden meist in "astronomischen Einheiten " oder in "Lichtjahren " angegeben. Der Messfehler bei Abständen zwischen Sternen kann in der Größenordnung von 5 bis 10% liegen, während bei Galaxienhaufen auch Messfehler von mehr als 50 Prozent möglich sind. Mit der verbesserten Auflösung des HST können auch Sterne in viel größeren Entfernungen als früher gemessen werden.


Die Instrumente des HST:

Das HST ist ein zylindrischer Satellit mit 13,1 Meter Länge und 4,3 Meter Durchmesser an seiner breitesten Stelle. Bei einem Gewicht von 11,6 Tonnen entspricht dies etwa Omnibusgröße. Es wurde mit der Vorgabe entwickelt, eine sehr große Vielfalt von astronomischen Aufgaben im Vakuum des Alls ohne menschliche Hilfe erledigen zu können, und enthält daher einige der technologisch komplexesten Geräte, die je gebaut wurden. In seiner Umlaufbahn um die Erde kann das HST ungestört von der Atmosphäre alle Wellenlängen vom Infraroten über das sichtbare Licht bis ins Ultraviolette beobachten. Nachdem das Licht in den Tubus des Teleskops eintritt, trifft es auf den Hauptspiegel (2,4 Meter Durchmesser) und wird auf den kleineren Hilfsspiegel darüber reflektiert. Von diesem Spiegel fällt das Licht durch eine kleine Bohrung im Hauptspiegel auf die Messinstrumente.

Die Instrumente von Hubble
Die Instrumente von Hubble
Diese Cassegrain - Bauform ist auch in vielen Teleskopen auf der Erde zu finden. Das Weltraumteleskop könnte einen Pfennig auf eine Entfernung von 20 Kilometern erkennen. Sein Lichtsammelvermögen ist so hoch, dass es ein Glühwürmchen in 16 000 km Abstand noch abbilden könnte. Im Herzstück des Teleskops sind parallel zur Hauptachse wissenschaftliche Instrumente angebracht, welche die Objekte beobachten sollen, auf die das Teleskop ausgerichtet ist. Die Feinnachführung und die Wide Field and Planetary Camera (WF/PC) sind über ihnen in Ladebuchten angeordnet. Das Blickfeld der Feinnachführung umfasst den Rand des Gesichtsfeldes, welcher zwar größer, aber durch Astigmatismus beeinträchtigt ist. Ein 45-Grad-Spiegel lenkt den zentralen Teil des Gesichtsfeldes in die WF/PC. Sie wurde im Jet Propulsion Laboratory der NASA unter der Leitung von James Westphal, dem führenden Forscher des California Institute of Technology; gebaut und vermag Bilder sowohl im infraroten als auch im ultravioletten Licht aufzunehmen. Damit deckt sie einen größeren Wellenlängenbereich als das menschliche Auge ab. Die WF/PCs empfangen das Licht mit Hilfe von "charge coupled devices" (CCD's), die das elektronische Gegenstück zur Photoplatte bilden und so die Daten des Lichts, welches auf sie auftrifft, digital speichern. Ein CCD besteht im Prinzip aus einer großen Anzahl elektronischer "Augen", die das einfallende Licht in ein elektrisches Signal umwandeln, das dann von einem Rechner ausgelesen und weiter verarbeitet werden kann.

Photoplatten verändern sich im Gegensatz dazu durch Lichteinfall chemisch, wobei diese Veränderung erst durch die Entwicklung sicht- und haltbar gemacht wird. Zudem sind Photoplatten nur einmal verwendbar, wohingegen ein CCD immer wieder neue Bilder aufnehmen kann. Vor allem aber sind CCD's, abhängig von der Wellenlänge des beobachteten Lichtes, 10 bis 40 mal empfindlicher als Photoplatten. In den anderen drei Ladebuchten befinden sich die "Fine Guidance Sensors" (FGSs). Diese Geräte spielen bei der Ausrichtung und der Positionskorrektur des Teleskops eine entscheidende Rolle. Hierzu suchen sie "Leitsterne", deren Positionen sehr genau bekannt sind, um diese Sterne auf einer bestimmten Position ihres Blickfeldes "festzuhalten". Für die Ausrichtung werden zwar nur zwei FGS benötigt, sie sind jedoch so wichtig, dass ein dritter als Ersatz für unerlässlich galt. Im Herzen des Teleskops sind die Instrumente "on axis" untergebracht. Die "Faint Object Camera" (FOC) wurde als ein Beitrag zum Hubble-Projekt von der ESA in Europa hergestellt. Das wissenschaftliche Entwicklungsteam bildete sich unter der Leitung von H. D. van der Hulst vom Observatorium Leiden in den Niederlanden. Die FOC nützt das Auflösungsvermögen des Teleskops voll aus. Selbst solche Objekte, die 50mal lichtschwächer sind, als jene, die Teleskope an der Erdoberfläche wahrnehmen könnten, werden von den eingesetzten Bildverstärkungstechniken abgebildet. Die FOC kann ein Bildfeld mit einer Winkelauflösung von 0,02 Bogensekunden darstellen. In den Ladebuchten finden sich auch zwei Spektrographen. Der erste ist der "Faint Object Spectrograph" (FOS), den ein Forschungsteam unter der Leitung von Richard Harms von Science Applications Inc. konstruierte. Der FOS kann einen weiten Bereich des Spektrums vom fernen Ultraviolett bis hin zum sichtbaren Licht abdecken und damit eine größere Zahl von Spektrallinien finden. Er war eines der Opfer der Startverzögerungen aufgrund der Challenger-Katastrophe. Einer der Spiegel hatte sich während der vierjährigen Lagerung verändert. Das Reflektionsvermögen hatte sich durch die Einwirkung von Sauerstoff besonders im Ultravioletten etwas verschlechtert. Der zweite Spektrograph ist der "Goddard High Resolution Spectrograph" (GHRS), an dessen Entwicklung John C. Brandt maßgebend beteiligt war. Er ist ein Ultraviolett-Spektrograph, der speziell für die Beobachtung der Teile des Spektrums entwickelt wurde, die von der Erde aus nicht mehr beobachtet werden können. Da er nur einen kleinen Teil des Spektrums erfassen kann, bildet er diesen in sehr hoher Auflösung ab. Das "High Speed Photometer" (HSP), das auch in den Ladebuchten montiert ist, wurde entwickelt, um bei bestimmten Wellenlängen die zeitabhängige Intensitätsänderungen zu messen. Leider erwies sich das Photometer als nur bedingt einsatzfähig. Es wurde ausgetauscht ,da man für die Servicemission eine Ladebucht für die Korrekturoptik benötigte.


Beobachtungen mit dem HST:

Das HST kann im Laufe eines Jahres den gesamten Himmel beobachten. Objekte, die sich in einem Winkel von weniger als 50° von der Sonne befinden, sind wegen der Gefahr der Beschädigung der Instrumente durch das einfallende Sonnenlicht von der Beobachtung ausgeschlossen. Dasselbe gilt für Objekte, die zu nahe an der Erde oder am Mond liegen. Eine weitere Einschränkung wird durch die "Südatlantische Anomalie" hervorgerufen: Über einem Gebiet im Südatlantik werden energiereiche geladene Partikel durch das Magnetfeld der Erde eingefangen. Diese Teilchen verursachen Störungen der elektronische Ausrüstung des HST, so dass zuverlässige Beobachtungen in dieser Gegend unmöglich werden. Daher werden viele Beobachtungen so gelegt, dass sich das Teleskop während des Durchfliegens der Anomalie auf ein neues Ziel ausrichten kann.

Das STScI plant die Beobachtungsprogramme und trifft die wissenschaftlichen Entscheidungen über die bestmögliche Anwendung des Teleskops. Sind diese Planungen abgeschlossen, werden sie an das NASA Goddard Space Flight Center Space Telescope Operations Control Center (STOCC) weitergeleitet, welches das HST steuert. Das STOCC ist auch für den technischen Betrieb des HST verantwortlich, indem auch die Kommunikation, die Übertragung der Daten zur Erde und die Neuausrichtung auf die Beobachtungsziele beinhaltet sind. In der Richtung der Himmelspole kann das HST Objekte über lange Zeit hinweg beobachten. Alle anderen Zonen werden jedoch immer wieder durch Erde oder Mond verdeckt. Muss die Beobachtung eines Objekts wegen einer Bedeckung durch die Erde unterbrochen werden, könnte ein anderes ausgewählt werden. Jedoch wird die Pause meist eher für die Durchführung von Wartungsarbeiten genutzt.

Das HST wurde mit sechs Kreiselstabilisatoren ausgestattet, von denen lediglich vier für die Lagesteuerung benötigt werden. Diese können in etwa einer Stunde den Satelliten vollständig um die eigene Achse drehen, doch in der Regel sind die Beobachtungen so geplant, dass die Zeiten für Neuausrichtungen minimiert werden. Zu Beginn einer Schwenkbewegung kann es bis zu 75 Minuten dauern, bis die FGS die Leitsterne finden. Sobald die Sterne erfasst sind, ist der Hauptspiegel auf das gewünschte Objekt ausgerichtet, und die astronomische Beobachtung kann beginnen. Das einfallende Licht wird auf die Instrumente und ihre CCDs oder Spektrographen geleitet. Der wichtigste Unterschied zwischen unserem menschlichen Auge und einem CCD ist für die Astronomen die Sammelfähigkeit der Halbleiter. Das Bild des Auges wird mehrere Male pro Sekunde "gelöscht", das heißt, dass das, was wir gerade gesehen haben, vergessen wird, und die Beobachtung fängt von neuem an. Dadurch wird uns die Beobachtung von Bewegungen überhaupt erst möglich. Die Lichtmengen, die uns von den meisten astronomischen Objekten erreichen, sind allerdings so klein, dass das Auge sie in dieser kurzen Zeit gar nicht erst erkennen kann und das jeweilige Objekt somit scheinbar "unsichtbar" wird. Ein Teleskop vergrößert die lichtsammelnde Fläche (das ist einer der Gründe, weshalb die Größe eines Teleskopspiegels eine so wichtige Rolle spielt), so dass wir damit mehr erkennen können.

Die Erfindung der Photoplatte (und deren Nachfolger, des CCD) steigerte die Leistungsfähigkeit der Teleskope nochmals. Im Gegensatz zu Ferienbildern, bei denen der Verschluss nur einige Hundertstel Sekunden geöffnet bleibt, sind in der Astronomie viel längere Belichtungszeiten notwendig. Manchmal kann es bis zu einigen Stunden dauern, bis ausreichend Licht auf dem CCD gesammelt wurde. Diese Broschüre enthält nur Bilder, die das Ergebnis von Langzeitbelichtungen sind.

Während der Beobachtung des HST sendet es seine Informationen über die Verbindungssatelliten der TDRS-Kette (ein erdumspannendes Netz von Kommunikations-Satelliten) nach White Sands, New Mexico, wo das Kommunikationszentrum der NASA steht. Von dort aus werden die Daten an das STOCC und an das STScI weiter geleitet. Wenn keine Verbindung möglich ist, speichert das Teleskop die Daten auf zwei Bandspeichern an Bord. Sobald die Verbindung wieder besteht, werden die gespeicherten Daten zur Erde gesendet.
Nur sehr selten sind die Astronomen, die Beobachtungen mit dem HST durchführen lassen, im STScI anwesend. Normalerweise werden die Daten von STScI gesammelt und den Astronomen via Internet oder auf Magnetband übermittelt. Die Astronomen können somit die erhaltenen Daten abrufen und so ihre Arbeiten durchführen.


Start, "First Light" und anfängliche Probleme:

Im Jahr 1990 war das HST dann endgültig startbereit. Am 24. April hob die Raumfähre Discovery (Mission STS31) mit dem HST an Bord ab. Bereits einen Tag später wurde das Teleskop ausgesetzt. Das HST umkreist die Erde nun in einer Höhe von 600 km. Damit kommt es in 97 Minuten mit einer Geschwindigkeit von 29 000 Kilometern pro Stunde einmal um die Erde herum. Dies ist die höchste mit Space Shuttle erreichte Umlaufbahn, absolut gesehen jedoch nur ein niedriger Orbit. Mit angehaltenem Atem warteten die Astronomen auf die Ergebnisse der Tests, die das Funktionieren aller Systeme bestätigten sollten. Am 20. Mai 1990 war der Tag der Wahrheit gekommen:

STS-31: Die Hubble-Start-Mission
STS-31: Die Hubble-Start-Mission
Das HST richtete für das "First Light" seinen Hauptspiegel auf den Sternhaufen NGC 3532, der 1 300 Lichtjahre entfernt ist. Wie zu erwarten war, war das Bild nicht ganz scharf, so dass verschiedene Justierungen durchgeführt werden mussten. Während an die Weltpresse das Funktionieren des HST gemeldet wurde, war hinter den Kulissen nicht jeder glücklich: Irgendwie sahen die Bilder undeutlich aus. Das Licht eines Sterns sollte fast gänzlich in einem kleinen Punkt (den man als Zentralscheibchen bezeichnet) gesammelt werden, aber dies passierte anscheinend nicht. Der Vorteil des HST war, dass es wesentlich kleinere "Scheibchen" liefern sollte als Aufnahmen von der Erde. Die ersten Ergebnisse zeigten jedoch einen unerwartet großen Hof um die Sterne. Die Bildqualität war aber nur ein Fehler unter einer Reihe von weiteren. Die zwei Sonnenpaddel waren nicht optimal entwickelt und erzeugten Schwingungen, wenn sie sich während einer Erdumkreisung durch Erwärmung ausdehnten und durch Abkühlung wieder schrumpften. Auch die FGS's hatten Probleme bei der Erfassung der Leitsterne, die offenbar durch Fehler im Computerprogramm entstanden waren. Diese Behebung ließ sich jedoch relativ einfach von der Erde aus durchführen. Jedoch waren die anderen Fehler schwerwiegender.

Je mehr Tests durchgeführt wurden, desto verwirrter waren die Astronomen. Letztendlich lag die Vermutung nahe, dass der Hauptspiegel einen gravierenden Fehler aufweisen musste.

Bei der Herstellung eines Teleskopspiegels wird ein Rohling aus einer speziellen Glasmasse sorgfältig in eine fast hohlkugelförmige Form geschliffen, poliert und anschließend mit einer spiegelnden Metallschicht belegt. Da die Form des Spiegels wesentlich sein Lichtsammelvermögen bestimmt, muss sie sehr genau eingehalten werden. Als Isaac Newton sein erstes Spiegelteleskop baute, war sein Spiegel kugelförmig und bündelte das Licht nicht ganz exakt: Licht wird an einer kugelförmigen Spiegeloberfläche jedoch nicht in einem Punkt sondern in einer Zone entlang der Spiegelachse reflektiert. Was wiederum bedeutet, dass man das Bild verschmiert sieht. Eine Lösung für diesen Fehler bestünde darin, den Spiegel als Paraboloid zu schleifen, welches das Licht exakter bündelt. Unglücklicherweise wurde beim Schliff des HST-Spiegels ein Fehler begangen und der Spiegel zu flach ausgeformt.

Die Firma Perkin-Elmer fertigte den Hauptspiegel aus einem 1 Million Dollar teueren Rohling. Um die Form des Spiegels zu kontrollieren, bauten die Optiker ein spezielles Gerät, einen Autokollimator. Er bestand aus zwei kleinen Spiegeln und einer Linse, die über dem Prüfling aufgehängt wurde. Ein Laserstrahl traf den Prüfling durch die Linse, das reflektierte Licht bildete ein bestimmtes Muster, welches Aufschluss über die Form des Spiegels gab und den Ingenieuren die Richtigkeit anzeigte. Um richtig zu funktionieren, hätte die Korrekturlinse in einem ganz bestimmten Abstand über den Spiegeln hängen müssen. Bei der Einstellung des Kollimators wurde nur ein kleiner Fehler begangen und die Linse um die winzige Strecke von 1,3 Millimetern versetzt montiert. Das Muster des reflektierten Lichtes zeigte einen eigentlich nicht vorhandenen Fehler, woraufhin die Techniker etwas mehr Glas am Rand des Spiegels abschliffen. Der Spiegel wurde somit um 2 Mikrometer zu flach, was 0,002 Millimetern entspricht; etwa ein Fünfzigstel der Breite eines Menschenhaares!

Bei späteren Tests hätte der Fehler zwar gefunden werden können, jedoch stand Perkin-Elmer nach Überschreiten von Zeit- und Finanzplan unter enormem Druck, den Spiegel endlich zu liefern und das vorgesehene Budget nicht weiter zu strapazieren. Eine gründliche Abschlussüberprüfung vor dem Start wurde ebenfalls als zu aufwendig und damit zu teuer angesehen, wodurch der Fehler erst entdeckt wurde, als der Spiegel schon in der Umlaufbahn war. Dadurch ging das Auflösungsvermögen des Spiegels auf bis zu zwei Bogensekunden zurück, was mit kleineren erdgebundenen Teleskopen vergleichbar ist. Das Lichtsammelvermögen litt ebenfalls stark: statt der erwarteten 80 Prozent wurden nur 10 bis 15 Prozent des Lichts im Brennpunkt gesammelt.

Verschiedene Lösungsmöglichkeiten wurden diskutiert und wieder verworfen. Als Notlösung kam ein mathematisches Verfahren, die Entfaltung, auf die übertragenen Bilder zur Anwendung. Dabei wird das fehlerbehaftete Bild "auseinandergenommen" und wieder so zusammengesetzt, wie es von einem korrekt geschliffenen Spiegel erzeugt worden wäre. Da aber bei dieser Behandlung die Gefahr besteht, dass viele Informationen im Originalbild bei der Korrektur unwiederbringlich verloren gehen, wurde nach weiteren Lösungsmöglichkeiten gesucht.


Die Reparaturmission:

Am 2. Dezember 1993 startete die Raumfähre Endeavour (Mission STS-61) zu einem elftägigen Flug mit neuen Geräten und sieben Astronauten an Bord, die über ein Jahr speziell für die Reparatur trainiert hatten. Für dieses Training kamen die ausgefeilteste Technik und das "Reservegerät" der NASA zur Anwendung - eine Kopie des HST in Originalgröße, welches, um die Schwerelosigkeit zu simulieren, in einem Wassertank aufgebaut war. Zuerst musste das HST angeflogen, mit dem Teleskoparm eingefangen und in der Ladebucht des Shuttles verstaut werden. Nachfolgend begannen vier Astronauten mit den Außenarbeiten und wechselten verschiedene Instrumente des Teleskops aus. Bei fünf Ausstiegen waren die Astronauten insgesamt mehr als 35 Stunden im Weltraum (zwei weitere Ausstiege waren zwar noch eingeplant, wurden aber nicht mehr benötigt). Das HST wurde bewusst modular aufgebaut, um defekte Einheiten oder wissenschaftliche Geräte gegen neuere, leistungsfähigere austauschen zu können. Um das Teleskop einfangen zu können und es anschließend in die Ladebucht zu manövrieren, wurden Fangösen an den Satelliten angebracht. Für die Astronauten befinden sich zudem 76 Handgriffe an der Außenseite des Teleskops. Beim Start des HST ging man von drei Servicemissionen während der angenommenen 15 Jahre Betriebsfähigkeit aus.

Die wichtigste Maßnahme bei der ersten Servicemission war eine Korrekturoptik, die für den defekten Hauptspiegel eingebaut wurde. Außerdem wurden die Sonnensegel und verschiedene defekte oder unzuverlässig gewordenen Geräte ersetzt. Es ist unmöglich, den Hauptspiegel auszutauschen, ohne das Teleskop auseinander zunehmen und danach wieder zusammenzubauen. Nachdem der Fehler des Spiegels genau bekannt war, wurde eine Korrekturoptik entwickelt. Eine neue Wide Field/Planetarv Camera (WF/PC2) wurde anstelle der alten WF/PC1 eingebaut. Hinzu kam als neues Modul die Korrekturoptik, das Corrective Optics Space Telescope Axial Replacement (COSTAR). Um Platz für COSTAR zu finden, musste ein Instrument ausgebaut werden. Die Wahl traf auf das High Speed Photometer (HSP), das sich als das problematischste Gerät herausgestellt hatte. Wechselweise wurden die Reparaturen jeweils von zwei Astronauten durchgeführt.

Unklar war jedoch noch, ob die neuen Komponenten ihre Arbeit wie geplant durchführen würden.

Um 19:00 Uhr MEZ des 17. Dezember 1993 traf sich das Wissenschaftlerteam um festzustellen, ob die Korrekturoptik den Spiegelfehler behoben hatte. Als das Bild eines Sterns auf den Bildschirmen erschien, wusste jedermann, dass die Reparaturen erfolgreich verlaufen waren. Nun erschien der Stern hell und scharf wie Nadelstiche und nicht mehr als unscharfer Lichtfleck. Hubble hatte endlich seine volle Leistungsfähigkeit erreicht!

1997 wurden der Faint Object Spectrograph (FOS) gegen die Baugruppe des Near Infrared Camera and Multiobject Spectrometer (NICMOS) und der Goddard High Resolution Spectrograph (GHRS) gegen den Space Telescope Imaging Spectrograph (STIS) ausgetauscht. Die Advanced Camera for Surveys (ACS) wurde für die Mission im Jahr 1999 gebaut und sollte die Faint Object Camera ersetzen. Diese Austauschvorgänge erweiterten die Beobachtungsmöglichkeiten für Hubble deutlich. Eine weitere Servicemission soll im Jahr 2002 stattfinden.
COSTAR
COSTAR

Das Bild zeigt Astronautin Kathryn Thornton, die mit Hilfe von Thomas Akers die telefonzellengroße COSTAR-Einheit aus der Transportverpackung hebt.


Sternentstehungsgebiete - Die Geburt eines Sterns

Der Orionnebel:

Der Orion - Nebel (M42)
Der Orion - Nebel (M42)
Der Orion-Nebel (M42) befindet sich im Sternbild Orion, dem Jäger. Orion ist eines der bekanntesten Sternbilder unseres Nordhimmels. Unterhalb der drei Gürtelsterne liegt der Orion-Nebel, der als nebeliger Fleck erkennbar ist. Trotz der 1 500 Lichtjahre Entfernung ist er eines der uns am nächsten gelegenen und spektakulärsten Sternentstehungsgebiete. Das Bild enthält über 700 Einzelsterne, die sich im Frühstadium ihres Lebens befinden.

Oft enthalten Gasnebel ausreichend Materie, um Millionen von Sternen von der Größe unserer Sonne hervorzubringen, wobei aber nicht alles Gas bei der Sternentstehung verbraucht wird. Die erste Region in der Gaswolke ist ein bisschen konzentrierter als die umgebenden Gebiete. Aufgrund ihrer höheren Anziehungskraft ziehen diese dichteren Regionen aus der Umgebung Gas an. Im Zentrum dieser "Protosterne" steigen die Temperatur und der Druck ständig an. Wenn nun die Temperatur 10 Millionen Grad oder mehr erreicht, setzt die Kernfusion ein. Bei niedrigeren Temperaturen stoßen sich die Wasserstoffatome ab; erst ab dieser Temperatur können einige verschmelzen, wobei Energie frei wird. Diese wiederum wird in Einsteins berühmter Gleichung E = mc2 beschrieben: Verschmelzen Atome, so verlieren sie Masse, welche in Energie umgewandelt wird. Im Zentrum von jungen Sternen verbinden sich vier Wasserstoffatome zu einem Heliumatom. Die Energie, die bei dieser Verbindung freigesetzt wird, wird von dem Stern als Licht abgestrahlt und bewirkt dadurch das Leuchten. Jeder "Protostern", der mindestens ein Zehntel der Masse unserer Sonne erreicht, könnte heiß genug werden, um die Kernfusion zu aktivieren.

Einige Nebel haben sogar überhaupt keine Sterne in ihrem Inneren. Andere hingegen, wie beispielsweise der Orion-Nebel, sind voll mit "jungen" Sternen. Diese entstanden vor 300 000 Jahren, was in astronomischen Maßstäben einen kurzen Zeitraum darstellt. Beginnen Sterne zu leuchten, geben sie eine Menge Licht in den Weltraum ab. Jedoch nur ein kleiner Teil dieses Lichtes heizt die Gasatome in dem umgebenden Nebel auf und wird absorbiert, um dann mit längeren Wellenlängen wieder abgestrahlt zu werden. Wir können aus dem Spektrum des wieder abgestrahlten Lichtes erkennen, welche Arten von Atomen es aussendet.

Dieses Bild wurde aus 45 Einzelaufnahmen zusammen gesetzt, die in einem Zeitraum von 15 Monaten mit der WF/PC2 mit drei verschiedenen Filtern im sichtbaren Licht gemacht wurden. Anhand der Farbe des Gases lässt sich erkennen, welche Atome sich im jeweiligen Gebiet befinden: Wasserstoff leuchtet grün, Sauerstoff blau und Stickstoff rot. Sterne, die sehr groß und heiß sind, strahlen so viel Licht ab, dass das Gas in ihrer Umgebung weggeblasen wird. Dieser Vorgang ist auch im Orion-Nebel zu beobachten. Im Kernbereich finden wir vier Sterne, das Trapez genannt, die das sie umgebende Gas weggeblasen haben. Diese Sterne sind die vier massereichsten im Nebel und haben sich aus großen Gaskonzentrationen im Zentrum des Nebels gebildet.


Der Adlernebel:

Der Adler-Nebel (M16)
Der Adler-Nebel (M16)
Der Adler-Nebel ist ein anderer Gasnebel, in dem Sterne gebildet werden, ähnlich wie der Orion-Nebel. Mit 7000 Lichtjahren ist er im Sternbild der Schlange jedoch wesentlich weiter von uns entfernt. Charles Messier legte 1781 einen Katalog an, wonach der Adler-Nebel auch M16 genannt wird. Messier stellte eine Liste von Objekten am Himmel zusammen, die - anders als die Sterne - verwaschen und ausgedehnt erschienen. Objekte mit einer M-Nummer (die Nebel, Sternhaufen und Galaxien sein können) sind bereits mit kleinen Teleskopen oder Feldstechern und manchmal auch mit dem bloßen Auge zu erkennen.

Das Bild, das am 1. April 1995 mit der WF/PC2 aufgenommen wurde, zeigt große Säulen aus kühlem, dichtem Gas mit einer Höhe von etwa einem Lichtjahr. Diese Säulen sind so dicht, dass das Licht der in ihnen befindlichen Sterne sie nicht durchdringen kann. Zum größten Teil bestehen die Säulen aus molekularem Wasserstoff (zwei Wasserstoffatome, die sich zu einem Molekül verbinden). Diese Verbindung ist normalerweise so instabil, dass sie außerhalb von Nebeln nicht existieren kann.

Energiereiches Licht (wie ultraviolette Strahlung) kann die Molekülverbindung sehr leicht aufbrechen. Die Säulen enthalten außerdem eine große Menge von mikroskopisch kleinen Partikeln, zumeist Kohlenstoff, der als "Staub" die schützende Umgebung eines Nebels bildet.
Auffallend ist die seltsame Form der Säulen.
Einige sehr junge, massereiche Sterne über dem Ende der Säulen blasen das Gas und den Staub weg (ähnlich wie die Trapezsterne im Orion-Nebel). Ihr Licht spaltet die Wasserstoffmoleküle auf und heizt das Gas in der Wolke auf. Wenn das Gas heißer wird, beginnt es sich schneller zu bewegen und verlässt schließlich den Nebel. Die weniger dichten Gebiete des Nebels werden zuerst von der Strahlung beseitigt, zurück bleiben die Säulen.

Die Aufnahme ist hoch aufgelöst und zeigt kleine, an Elefantenrüssel erinnernde Gasblasen, die in ihrer Größe ungefähr dem Durchmesser unseres Sonnensystems entsprechen. Sie blieben an den Spitzen der Säulen übrig, nachdem der Sonnenwind der massereicheren Sterne den größten Teil der Gasmassen weggeblasen hatte. Diese Blasen werden EGG's (für evaporating gaseous globules - verdampfende Gasglobulen) genannt.

In diesen EGG's werden Geburtsorte von Sternen im Nebel vermutet. Sie sind kleine, dichte Gaskonzentrationen, die in ihrem Inneren Sterne erzeugen. Sie sind viel dichter als das umgebende Gas, so dass die Sterne, die den Rest des Nebels abtragen, sie noch nicht beseitigen konnten. Es wird daher angenommen, dass einige dieser EGG's Sterne in sich verbergen und diese erst nach und nach sichtbar werden, sobald die EGG's verdampfen. Vielleicht haben manche dieser Sterne noch nicht einmal das Stadium der Kernfusion erreicht, während andere möglicherweise schon die Anfänge eines Planetensystems bilden.


NGC 604 - Messier 33:

NGC 604 - Messier 33
NGC 604 - Messier 33
Ein weiteres riesiges Sternentstehungsgebiet, NGC 604, befindet sich in der Spiralgalaxie Messier 33, die in einer Entfernung von 2,7 Millionen Lichtjahren im Sternbild Dreieck zu finden ist. Man sieht nahezu senkrecht auf ihre Scheibenebene, so dass die Struktur der Spiralarme deutlich zu erkennen ist. M33 ist ein Mitglied der "Lokalen Gruppe" von Galaxien, zu der auch unsere Milchstraße zählt. Üblicherweise entstehen in den Spiralarmen neue Sterne. Das Sternentstehungsgebiet hat einen Durchmesser von etwa 1500 Lichtjahren. Im Zentrum von NGC 604 befinden sich eine gasartige "Wiege" mit mehr als 200 heiße Sterne, deren Massen zwischen dem 15-bis 60fachen der Masse unserer Sonne betragen. Ihre energiereiche Strahlung bringt das Gas des Sternentstehungsgebiets zum Leuchten.

NGC 604 befindet sich auf der Außenseite eines Spiralarms von M33.


"Blob in space" - N81:

"Blob in space" - N81
"Blob in space" - N81
Bei einem "Familienportrait" des NASA Hubble Space Telecopes findet man junge, sehr helle Sterne, die in ihre Ursprungswolke leuchtenden Gases eingebettet sind. Die Gasansammlung N81 befindet sich 200 000 Lichtjahre entfernt in der kleinen Magellanschen Wolke (SMC), welche eine irregulären Satellitengalaxie unserer Milchstraße ist.

Hubbles ausgezeichnete Auflösung ermöglicht den Astronomen, innerhalb eines Raumes mit 10 Lichtjahren im Durchmesser 50 einzelne Sterne im dichten Kern des Nebels zu trennen. Ein unglaublicher Masseverlust dieser extrem heißen Sterne ist auf dem Hubble Bild zu erkennen und deckt dramatische Formen auf, die in der Nebelwand aus glühenden Gasen von gewaltigen Sternwinden und Schockwellen gebildet werden. Ein Paar heller Sterne im Zentrum des Nebels strahlt den größten Teil der ultravioletten Strahlung ab, die den Nebel zum Leuchten bringt.

Genau über ihnen ist lediglich ein kleiner dunkler Knoten von der kalten Wolke aus einatomigen Wasserstoff und Staub übriggeblieben, aus dem die Sterne geboren wurden. N81 bietet die einzigartige Möglichkeit einer flüchtigen Nahaufnahme auf den "Feuersturm", der die Geburt von extrem massereichen Sternen begleitet, von denen jeder einzelne mit einer mehr als 300 000fachen Helligkeit unserer Sonne strahlt! Derartige galaktische Feuerwerke waren vor Milliarden von Jahren im frühen Universum sehr viel häufiger, als die meisten Sterne entstanden. Dieses Bild wurde aus verschiedenen Bildern zusammengesetzt, die mit der WFPC 2 im ultravioletten Licht und zwei engen Emissionslinien des ionisierten Wasserstoffs (H-alpha, H-beta) aufgenommen wurden.


Galaxien

Die Wagenradgalaxie:

Die Wagenradgalaxie
Die Wagenradgalaxie
Die Wagenrad-Galaxie ist, 500 Millionen Lichtjahre entfernt, im Sternbild Bildhauer zu finden. Der helle blaue Ring in dieser Galaxie lässt vermuten, dass sich etwas sehr Ungewöhnliches ereignet haben musste. Der Ring misst 150 000 Lichtjahre im Durchmesser und besteht aus hellen, noch sehr jungen Sternen. Möglicherweise löste eine Schockwelle die hohe Rate von Sternentstehungen im Ring aus, die mit einer Geschwindigkeit von etwa 300 000 Kilometern pro Stunde auswärts raste. Diese Schockwelle wurde wahrscheinlich hervorgerufen, als eine kleine Galaxie mit hoher Geschwindigkeit eine größere durchdrang. Vor der Kollision sah die Wagenrad-Galaxie vermutlich ähnlich aus wie unsere Milchstraße. Die früheren Spiralarme bilden heute vermutlich die "Speichen" des Wagenrades, die nun lichtschwach gegenüber dem weitaus helleren Ring erscheinen. Als die Schockwelle durch die Galaxie raste, dürfte sie überall Sternentstehungen ausgelöst haben. Die hellen Sterne im Inneren des Ringes alterten und wurden schwächer.

Diese WF/PC2-Aufnahme ist wieder eine Zusammensetzung aus Bildern im blauen und infraroten Licht. Sie zeigt mit überraschender Genauigkeit die Struktur des Ringes. Als die Schockwelle das jeweilige Gebiet durchlief, bildeten sich Sterne in Haufen. Dies verleiht dem Ring ein etwas klumpiges Aussehen.


Centaurus A:

Centaurus A
Centaurus A
Ein Sturm der Sternentstehung in Centaurus A: Ein dichtes Staubband kündet von einer kosmischen Kollision - und brillante blaue Sternhaufen junger Sterne von den Folgen. Der Rest der Galaxie strahlt im rötlichen Licht älterer Riesen- und Zwergsterne. Wir sehen die Staubscheibe fast von der Seite, und ihre Dicke zeugt von einem geringen Alter. Nirgends lässt sich dies so detailreich untersuchen wie bei Centaurus A. Obwohl sie etwa 10 Millionen Lichtjahren entfernt liegt, ist sie die uns nächstgelegene aktive Galaxie und Radiogalaxie. Hier hat die Kollision einer elliptischen Galaxie mit einer kleinen Spirale stattgefunden. Ein auffälliges Staubband ist die Folge, und im sichtbaren Licht sind die blauen Sternhaufen junger Sterne zu entdecken. Das Innenleben von Centaurus A bleibt uns im sichtbaren Licht verborgen - jedoch nicht für Hubbles NICMOS - Infrarotkamera. Ihr Bild deckt eine 130 Lichtjahre große Scheibe heißen Gases auf. Die roten Blasen sind leuchtende Gaswolken, die die starke Strahlung angeregt haben.


Kollidierende Galaxien - Kosmische Verkehrsunfälle:

"Antennen-Galaxien NGC 4038 und NGC 4039"
"Antennen-Galaxien NGC 4038 und NGC 4039"
Jahrzehntelang konnte man Lehrbüchern entnehmen, dass Galaxien in verschiedenen Typen vorkommen: elliptische, spiralförmige (mit oder ohne zentrale Balken) und irreguläre, die in keine Klassifikation passen wollen. Man ging davon aus, dass alle Galaxienarten irgendwann in ferner Vergangenheit genau so entstanden sein mussten und ihre Formen bis heute beibehalten haben. Wenn man allerdings weiß, dass die Distanzen zwischen den Galaxien nur etwa hundertmal größer sind als die Galaxien selbst und dass diese Sternsysteme ziellos mit Geschwindigkeiten von einigen hundert Kilometern pro Sekunde relativ zueinander durch das Weltall sausen, dann kann man sich gut vorstellen, dass "kosmische Verkehrsunfälle" keine Seltenheit sind. Was aber passiert nun bei einer solchen Kollision? Da die Abstände der Sterne voneinander millionenmal größer sind als ihre Durchmesser, kommen Zusammenstöße zwischen einzelnen Sternen der Galaxien nur relativ selten vor. Auch das gegenseitige Durchdringen zweier Galaxien führt also praktisch nicht zu Sternkollisionen. Besitzen die Galaxien jedoch Gaswolken, so werden diese beim Zusammenstoß komprimiert, so dass es an diesen Stellen zu Sternentstehungen kommt. Stößt man also auf ein Gebiet mit überraschend starker Sternentstehungsrate in einer fremden Galaxie, so liegt sofort die Vermutung nahe, dass hier eine Kollision stattgefunden haben muss.

Und in der Tat sind in den Tiefen des Raumes jede Menge Galaxien mit solchen exzessiv hohen Sternentstehungen entdeckt worden: Man nennt solche Objekte auch Starburst-Galaxien. In manchen Fällen lässt sich ein Starburst direkt auf eine kosmische Kollision, manchmal auch nur auf den nahen Vorbeigang einer anderen Galaxie zurückführen. Lange Zeit untersuchten "verrückte Professoren" solche wechselwirkenden Galaxien. Um 1940 bastelte der schwedische Astronom Erik Holmberg zwei aus je 100 Glühlampen bestehende Modellgalaxien. Da damals die Computer zur Berechnung der Schwerefelder nicht leistungsstark genug waren, maß er die äquivalente "Beleuchtung" in jedem einzelnen Punkt mit Hilfe einer Photozelle und konnte so sagen, wie sich die Sterne (= Glühlampen) gegeneinander bewegten. Auf dem Palomar Mountain fotografierte der Schweizer Astrophysiker Fritz Zwicky in den fünfziger Jahren mit dem 5-Meter-Spiegel solche wechselwirkende Galaxien. Er entdeckte dabei Strahlen und Schwänze, die an die früher berechneten Ergebnisse von Holmberg erinnerten.

In den darauffolgenden Jahren veröffentlichte der amerikanische Astronom Halton Arp einen Atlas sogenannter pekuliarer Galaxien, das viele als Horrorkabinett empfanden, als Kompendium kollidierender Galaxien mit ihren bizarr geformten Überresten. Das Universum schien ein Tatort zu sein, wo es immer wieder zu Zusammenstößen, Galaxienkannibalismus und Galaxienverschmelzungen kam. Wieder einig Jahre später machten Alar und Jun Toomre die ersten modernen Computerberechnungen von Galaxienkollisionen, die die von Zwicky und Arp gefundenen Verformungen erklären sollten. Aber mehr noch: Es zeigte sich zudem, dass sogar ein großer Prozentsatz der heutigen Galaxien Überreste solcher Verschmelzungen sein könnten und dass es sich hierbei um elliptische Galaxien handeln dürfte. Dabei stellte sich aber folgendes Problem: Spiralen enthalten viel Gas und Staub, elliptische Galaxien wiederum viele Kugelsternhaufen. Zu unserer Milchstraße zum Beispiel gehören 150 Kugelhaufen, zu einer elliptischen Galaxie vergleichbarer Helligkeit etwa 600. Dies ergäbe beim einfachen Aufsummieren einen klaren Widerspruch. Als Ausweg blieb nur, dass bei der Kollision während des Sternentstehungs-Bursts viele Kugelhaufen neu gebildet werden. Diese Erkenntnis wurde lange bitter bekämpft, weil sich die Astrophysik daran gewöhnt hatte, in den Kugelsternhaufen die ältesten Sterne des ganzen Universums zu suchen Doch das Hubble-Teleskop hat mittlerweile viele solche Fälle kollidierender Galaxien betrachtet, die Sternhaufen genauer untersucht und aus ihrer Farbe ihr ungefähres Alter bestimmt. So lässt sich die Stern- und Sternhaufen-Entstehungsrate im Verlauf eines Zusammenstoßes genauer festlegen. Das spektakulärste Bild einer Galaxienkollision zeigt sicherlich der Blick in den Zentralbereich der "Antennen-Galaxien" NGC 4038 und 4039 - den Prototyp einer Galaxienkollision. Neben den rötlichen Galaxienkernen sind Ketten und Gruppen von insgesamt über 1000 blauleuchtenden Sternhaufen zu erkennen, deren Alter etwa 50 Millionen Jahre betragen dürfte. Dies alles sind frisch geborene künftige Kugelsternhaufen. Die Geschichte des Kosmos ist noch nicht endgültig umgeschrieben worden. Die Hubble-Beobachtungen beweisen nicht, dass sämtliche elliptischen Galaxien aus verschmolzenen Spiralen entstanden sind. Aber möglich wäre es.


Planetarische Nebel - Das Ende eines Sterns

Allgemeines:

Wenn im Innern eines Sternes der Wasserstoff endgültig verbrannt ist und sich ein Kern aus Heliumasche gebildet hat, ist der Stern von einem normalen Zwergstern wie unserer Sonne zu einem Roten Riesen geworden. In einer gigantischen Explosion kann diese Heliumasche zu brennen beginnen. Die Explosion ist zunächst unsichtbar, da sie sich tief im Innern des Sterns abspielt. Doch der Stern ändert seine Struktur langfristig: zunächst wird er schwächer, ehe er seinen zweiten Aufstieg zum Riesenast macht. Jetzt brennt im Kern das Helium und hinterlässt Asche in Form von Atomkernen des Kohlenstoffs und Sauerstoffs. Dieses Heliumbrennen wird in den späteren Stadien in Form von einzelnen Explosionen ("Flashes") sichtbar, und der Stern gibt nach und nach immer mehr von seinen äußeren Schichten in den Weltraum ab. Letztendlich schrumpft er zu einem Weißen Zwerg zusammen, der eine hohe Temperatur sowohl im Zentrum als auch an der Oberfläche hat. Sobald seine Oberfläche mehr als 10 0000C aufweist, sind die ausgesandten Lichtteilchen so energiereich, dass sie das zuvor abgegebene Material zum Leuchten anregen - vergleichbar damit, als würde eine Leuchtstoffröhre angeschaltet werden.

Das übrige fluoreszierende, gasförmige Material wird nun Planetarischer Nebel genannt. Als Zeichen der späten Sternentwicklung gelten demnach solche Objekte, die vielfältige Formen und Farben aufweisen, die allerdings mit Planeten nichts zu tun haben. Der irreführende Begriff ist rein historischer Natur, weil manche dieser Nebelflecken im Teleskop wie die Scheibchen der fernen Planeten Uranus und Neptun aussehen können. Planetarische Nebel sind also nur die Grabsteine von Sternen, die ihre Energie nicht mehr aus Kernreaktionen gewinnen können. Der Planetarische Nebel sollte wieder verlöschen, wenn schließlich der Zentrale Stern, der als Weißer Zwerg eine Temperatur von einigen 100 0000C erreichen kann, wieder auf eine Temperatur von 10 000 0C abkühlt. Nach so langer Zeit hat er sich aber schon längst in den interstellaren Raum verflüchtigt; sein Material mischt sich mit dem interstellaren Gas und wird bei der Entstehung einer neuen Sterngeneration wieder verwendet.


Eta Carina - Das Monster:

Eta Carina - Das Monster
Eta Carina - Das Monster
Im Eta-Carina-Nebel in 8000 Lichtjahren Entfernung liegt einer der massereichsten und instabilsten Sterne, die wir kennen. Eta Carinae könnte einer der hellsten Sterne am Himmel sein, vier Millionen Mal heller und 150mal größer als die Sonne, sowie mit mehr als 29 000 °C 5mal heißer. In völlig irregulären Abständen sind große Helligkeitsschwankungen bekannt. In den Jahren 1835 und 1845 traten seine größten Helligkeitsänderungen auf, als er plötzlich heller wurde und als der zweithellste Stern am Himmel stand. Diese Veränderungen geben Aufschluss über seine äußerst instabile Struktur. Er stößt ständig Materie ab, wobei sich diese Ausbrüche manchmal sehr heftig abspielen können. Der Grund für diese Instabilitäten ist seine gewaltige Größe. Ein Stern seiner Größe verbraucht den Kernbrennstoff sehr schnell und überlebt nur für einige Millionen Jahre. Während dieser Zeit wird jedoch soviel Energie erzeugt, dass sie nicht nur als Licht abgestrahlt werden kann, sondern außerdem auch durch den Auswurf von Materie abgegeben werden muss. Die Farben in dieser Aufnahme entsprechen den wirklichen Farben, die das HST im Licht von Eta Carinae gemessen hat. Sie wurde mit der WF/PC2 aufgenommen.

Diese Bild zeigt die Schale aus Material, das Eta Carinae in einem Ausbruch von 1835 bis 1845 abgestoßen hat. Sie ist der äußerste, rotglühende Ring um den Stern. In einigen Bereichen bewegt sich das Gas noch immer mit einer Geschwindigkeit von über 3 Millionen Kilometer pro Stunde. Der Stern wurde heller, als er das Material abstieß. Mit zunehmender Ausdehnung kühlte die Schale durch die Abstrahlung von Licht ab, was den Stern zunächst nur scheinbar heller machte. Die Schale besteht aus Stickstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und weiteren Elementen, die typischerweise durch die Kernfusion in sehr massereichen Sternen entstehen. Eta Carinae verdunkelte sich seitdem immer mehr; möglicherweise verschluckt eine Staubschale einen Teil des Lichtes des Sternes. Diese Schale ist der innerste, blau-weiße Bereich, der seinen Namen - Homunculus-Nebel - aus der etwas grotesken Form erhielt. Diese Region hat zwei Lappen aus Material, das in entgegengesetzte Richtungen fliegt.


Lagunen Nebel - Der Twister:

Lagunen Nebel - Der Twister
Lagunen Nebel - Der Twister
Der schon mit dem bloßen Auge zu erkennende Lagunen-Nebel (Messier 8) ist wieder ein anderes Sternentstehungsgebiet, das sich in einer Entfernung von 5000 Lichtjahren im Sternbild Schütze (Sagittarius) befindet. Der Zentralstern dieser Gaswolke, Herschel 36, bringt mit seiner energiereichen Strahlung Teile des Gases zum Leuchten. Wegen ihrer charakteristischen Form wird die darüber liegende helle Gaswolke "Sanduhr-Nebel" genannt. Hubbles Ansicht der Szene lässt eine Vielzahl kleiner Strukturen im dichten interstellaren Gas erkennen, kleine dunkle Wolken ("Bok-Globulen"), bogenförmige Stoßfronten um Sterne, Fetzen ionisierten Gases, Gasringe, knoten- und strahlförmige Gasverdichtungen. Außerdem ist da noch etwas, das wie ein Tornado aussieht!

Im Herzen des Nebels wurde ein Paar von Wirbeln, entdeckt, die etwa ein halbes Lichtjahr groß sind. Herschel 36 könnte tatsächlich ein Phänomen analog zur Entstehung von Tornados auf der Erde verursacht haben. Der große Temperaturunterschied zwischen der heißen Oberfläche und dem kalten Inneren der dichten Gaswolken könnte zusammen mit dem Strahlungsdruck eine starke horizontale Scherung produziert haben. Daraus könnte eine Verdrehung der Wolken entstanden sein, woraus wiederum die Tornadoform und schließlich der Name resultieren könnten.


Sanduhr Nebel:

Sanduhr Nebel
Sanduhr Nebel
Außerdem ist zum Beispiel noch MyCnl8 zu erwähnen, ein von den beiden amerikanischen Astronominnen Margaret Mayall und Annie Cannon entdeckter Planetarischer Nebel in etwa 8000 Lichtjahren Entfernung.

Hubbles Bild lässt die Form einer Sanduhr erkennen, deren Glaswände ein eigentümliches Muster zeichnen. Einer Theorie über die Bildung Planetarischer Nebel zufolge wird eine solche Sanduhrform durch die Expansion eines schnellen, vom Stern ausgehenden Windes in den langsam abströmenden Wind des kühlen Riesen hervorgerufen, der am Äquator ist. Auffällig ist, dass sich der Zentralstem in einer kartoffelförmigen Struktur befindet, deren Symmetrieachse von derjenigen des äußeren Nebels radikal abweicht. Eine solche Asymmetrie lässt sich nur schwer verstehen. Zentrumsnah finden wir zwei kleinere elliptische Ringe, in deren Schnittfläche sich der Zentralstern befindet. Die Muster in der äußeren Hülle können durch einzelne Materieauswürfe hervorgerufen oder von einem dichten Materiestrahl geformt worden sein, der mit den "Wänden der Sanduhr" in Wechselwirkung stand. Die Wechselwirkung aufgrund von Gravitation eines Begleitsterns kann ebenfalls einige dieser Unregelmäßigkeiten erklären.


Helix Nebel:

Helix Nebel
Helix Nebel
Darüber hinaus gibt es noch ein wirklich exotisches Phänomen bei den Planetarischen Nebeln. Mit einer Entfernung von 450 Lichtjahren ist er einer der uns am nächsten gelegenen: NGC 7293, der "Helix-Nebel" im Sternbild Wassermann (Aquarius). Schon auf Fotos, die von der Erde aus gemacht wurden, zeigten sich einige seltsame "kometenförmige Strukturen", deren Anzahl auf den Hubble-Bildern jedoch auf die Tausende steigt - es sind etwa 3500 dieser Objekte sichtbar, jedoch dürfte ihre Gesamtzahl noch weit darüber liegen.

Jeder der "Köpfe" dieser gasförmigen Strukturen hat Dimensionen, die mehr als das Doppelte unseres Sonnensystems betragen! Jeder Schweif erstreckt sich in seiner Länge über das Tausendfache der Entfernung Erde - Sonne. Die Knoten haben photoionisierte Oberflächen, ihre Hüllen leuchten also unter dem Beschuss energiereicher Strahlung. Die Knoten bestehen aus neutralem Gas. Der typische Knoten wiegt etwa den dreißigtausendsten Teil der Sonnenmasse, das heißt, dass alleine die 3500 sichtbaren Objekte zusammen etwa ein Zehntel der Masse unserer Sonne haben - und das ionisierte Gas im Nebel bringt kaum mehr auf die Waage! Die seltsamen Knoten bilden also einen wichtigen Bestandteil dieser Planetarischen Nebel und sind wohl ein generelles Phänomen dieser Sternruinen. Stellt sich nur noch die Frage, wo sie herkommen und wo sie hingehen? Die Theorie erklärt solche Strukturen so, dass ein vom Zentralstem ausgehender Wind aus heißem Gas und von hoher Geschwindigkeit mit dem dichteren, kühleren Material des Planetarischen Nebels in Wechselwirkung tritt, welches vor etwa 10 000 Jahren ausgeworfen wurde. Instabilitäten waren die Folge, die zur Ausbildung der wundersamen "Kometen" geführt haben. Diese Vorgänge lassen sich leider noch nicht befriedigend im Computer rechnen. Womöglich spielten bei der Entstehung der Knoten auch Objekte als Kondensationskeime eine Rolle, die es schon zu Lebzeiten des Sterns gab. Blieben sie bei seiner Bildung zurück, oder haben wir es hierbei gar mit einer Art Wolke aus gigantischen Kometenkernen zu tun? Und was wird in Zukunft aus den Kometaren Knoten? In ihnen steckt so viel neutrales Gas, dass sie den Stress des Planetarischen Nebels überstehen und als kompakte, vielleicht sogar feste Körper zurückbleiben dürften. Dieses Schicksal wiederum könnte auch schon manchem anderen alten Planetarischen Nebel widerfahren sein. Das interstellare Medium würde damit aus einem weiteren wichtigen - aber weitgehend unsichtbaren - Bestandteil bestehen.

Würden alle sterbenden Sterne solche Objekte bilden, dann könnten sie sogar einen bemerkenswerten Teil der "Dunklen Materie" des Kosmos ausmachen. Planetarische Nebel sind nicht nur schön anzuschauen, sie spielen auch - neben Supernova-Überresten - eine wichtige Rolle beim Kreislauf schwerer Elemente in der Galaxis. Je nach ihrer Größe schleudern sterbende Sterne Sauerstoff, Eisen, Kohlenstoff usw. in den Raum ab, ohne die kein Leben möglich wäre. Die so entstandene Formenvielfalt der Planetarischen Nebel spiegelt also in gewisser Weise auch die Vielfalt der Sterne wider, denen wir unsere Existenz verdanken. Außerdem zeigen sie uns auch, wie es hier in einigen Jahrmilliarden aussehen wird: Zwar wird es keine Überlebenden beim Untergang unserer Sonne geben, aber wer zu ihr (oder zu dem, was davon übrig ist) zurückkehrt, wenn sich die Dinge stabilisiert haben, der könnte einen Planetarischen Nebel von innen bewundern - vielleicht so umwerfend, wie die Hubble Bilder es zeigen! "Der Himmel würde Farben besitzen und Jets, Blasen und Ringe und Lichtknoten", verspricht Howard Bond vom Space Telescope Science Institute, der für viele der Hubble-Aufnahmen verantwortlich war: "Das wird ein spektakulärer Nachthimmel sein!"


Egg Nebel:

Egg Nebel
Egg Nebel
Einen etwas späteren Zeitpunkt in der Entwicklung eines Planetarischen Nebels repräsentiert der "Eier-Nebel" oder "Egg-Nebel" (CRL 2688), der eine nur 1000 bis 2000 Jahre dauernde Übergangsphase nach dem Verschwinden des Roten Riesen darstellt - wobei sie in diesem Fall nur ein paar hundert Jahre zurückliegt. Die Kreise in der Nebelstruktur werden als Schalen gedeutet, die der untergehende Stern in Schüben alle 100 bis 500 Jahre abgesondert hat. Erst Hubbles neue Kamera NICMOS trug zum besseren Verständnis bei; ihre Aufnahmen zeigen im nahen Infraroten eine markante Hantel-Struktur, die auf die Wärmestrahlung von heißem molekularem Wasserstoff zurückzuführen ist. Hier findet eine Kollision zwischen Materie des sterbenden Sterns im Zentrum des Nebels, die mit rund 100 Kilometer pro Sekunde entlang der Polarachse ausströmt, und mit früher ausgestoßenem Gas statt, das "nur" 20 Kilometer pro Sekunde schnell fließt. Somit lässt sich auch das seltsame Aussehen des "Eier-Nebels" im sichtbaren Licht erklären: Die Materie in den beiden Strahlen verdunkelt die Zentren der beiden Lichtkegel, die aus dem Inneren des Nebels kommen.

Wie sehen nun ältere Planetarische Nebel aus? Und was sagen sie uns über die Endphasen der Sternentwicklung? Das Hubble-Teleskop hat während der Jahre eine wahre Menagerie von Formen und Farben zusammengetragen. Die Hauptkamera Hubbles macht mit ihrer überlegenen Schärfe bekannte Feinstrukturen der Überreste massearmer Sterne mit bisher nie dagewesener Klarheit sichtbar; es treten jedoch auch neue hervor. Die Komplexität der Prozesse am Lebensende eines Sterns wie unserer Sonne - für die teilweise auch unsichtbare Begleiter wie kleine Sterne, Braune Zwerge und große Planeten verantwortlich sein dürften - wird offen. Da gibt es scheinbar Gebiete aus Staub, die Gasabströmungen zu fokussieren scheinen, isolierte Blasen, sowie scharfe Strahlen dichteren Gases und manchmal sogar punktsymmetrische Strukturen zu beiden Seiten des Zentralsterns. Seit längerem hat man zwar ein grundlegendes Modell für die Entstehung Planetarischer Nebel: Verschieden schnelle Winde, die der an Brennstoffmangel untergehende Stern in immer rascherer Folge absondert, kollidieren und bilden einen schalenförmigen Nebel; dieser wird schließlich durch die UV-Photonen des Weißen Zwergs zum Leuchten angeregt, welcher im Zentrum zurückbleibt. Aber die Vielfalt von Details verdeutlicht, dass vieles noch unverstanden bleibt.


Katzenaugen Nebel:

Katzenaugen Nebel
Katzenaugen Nebel
Einer der komplexesten planetarischen Nebel ist wohl der Katzenaugen-Nebel (NGC 6543). Er ist in 3 000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Drache zu finden, und seine verwickelte Struktur weist auf das Vorhandensein eines engen Begleiters des roten Riesen in der Mitte hin. Jedoch stehen die zwei Sterne so eng beieinander, dass nicht einmal das HST sie einzeln abbilden kann! Das Erscheinungsbild des Nebels wird von verschiedenen unterschiedlichen Phasen des Gasverlustes des roten Riesen geprägt. Vieles von diesem Verlust erfolgte in der Form von Ringen, die in der Ebene der Umlaufbahn des Begleitsternes liegen. Einen Hinweis auf die atomare Verteilung in den verschiedenen Gebieten des Nebels geben die Farben in dieser Aufnahme. Wasserstoff leuchtet rot, Sauerstoff blau und Stickstoff grün. Die grün leuchtenden Bögen aus Stickstoff wurden möglicherweise von zwei Jets, die vom Begleitstern ausgehen, hervorgerufen. Materie, die auf diesen Stern fällt, wird stark beschleunigt und tritt an den Polen mit hoher Geschwindigkeit wieder aus. Dieses Gas wird abgebremst, wenn es auf das Gas des Nebels oder auf das interstellare Material am Rande des Nebels trifft. Dabei wird Energie in Form von Licht frei. Die Form der Bögen lässt vermuten, dass die Strahlen im Raum schlingern und deshalb Material über einen großen Bereich des Nebels verteilen.


Krebs Nebel - Pulsare:

Krebs Nebel
Krebs Nebel
Der Sternenfriedhof hat viele Bewohner: Weiße Zwerge, Neutronensterne und vielleicht auch Schwarze Löcher. Während es relativ leicht ist, alle diese Objekte nachzuweisen, wenn sie in einem engen Doppelsternsystem auftreten (und sie zu Zwergnova - Explosionen, klassischen Novae oder Röntgennova - Explosionen beitragen), ist es viel mühsamer; sie als Einzelsterne zu entlarven. Denn dann verraten sie sich nur durch ihre eigene Leuchtkraft. Wir kennen relativ viele einsame Weiße Zwerge und auch einige rasch rotierende Neutronensterne. Einige Jahrhunderte oder Jahrtausende in der Vergangenheit liegen diese Überreste von Supernova - Explosionen zurück, die Pulsare, welche sich durch gleichmäßiges "Ticken" im Radiobereich verraten. Der berühmteste Pulsar ist der "Bewohner" des Krebsnebels: Die Sternexplosion des Jahres 1054 ist noch nicht einmal ein Jahrtausend alt, trotzdem lassen sich viele interessante Phänomene in ihrer Folge untersuchen. Besonders der bizarr geformte Nebel, die Hülle des explodierten Sterns, der im Zentrum nur den Pulsar zurückließ, ist immer wieder für Überraschungen geeignet.

Beobachter auf der Erde wussten schon seit längerem, dass sich der Krebsnebel innerhalb von Monaten oder Jahren verändern kann, und es war auch bald entdeckt worden, wie er insgesamt expandiert. Die Dynamik, die sich dann bei seiner häufigen Überwachung durch das Hubble Teleskop herausstellte, hatte man so nicht erwartet. Ein Streifenmuster wurde in der Nähe des Pulsars entdeckt, das ständig seine Form ändert! Der junge Neutronenstern, der noch 30mal in der Sekunde rotiert, betätigt sich durch sein starkes Magnetfeld als Teilchenbeschleuniger. Diese leuchtenden Phänomene dürften auf diesen "Pulsarwind" beinahe lichtschneller Teilchen und seine Wechselwirkung mit dem Nebelgas zurückgehen. Eine Interpretation geht dahin, dass der Pulsar sowohl entlang der Rotationsachse in zwei gebündelten Jets als auch in der Äquatorebene Teilchen beschleunigt. Ein "herumtanzender", besonders intensiver Lichtfleck in der Nähe des Pulsars, der bereits "Kobold" genannt wurde, wäre in diesem Szenario zum Beispiel die Schockfront eines der polaren Jets im Nebel. Der wahrscheinlich ebenfalls existierende Jet in die Gegenrichtung bleibt für uns allerdings unsichtbar. Bisher ging man meist davon aus, dass der Pulsar seinen Wind in alle Richtungen absondert, nun aber wird überlegt, dass die Teilchen in der Äquatorebene am stärksten beschleunigt werden und deshalb dort bevorzugt dem Magnetfeld entweichen können, während entlang der Achse die Verdrillung des Magnetfeldes die Beschleunigung liefert.


Cygnus Loop:

Cygnus Loop
Cygnus Loop
Auch der Planetarische Nebel NGC 7027 erscheint als eine ungeheuer komplexe Struktur. Er befindet sich in einer Entfernung von 3000 Lichtjahren im Sternbild Schwan. In einer Falschfarbendarstellung wirkt er auf den ersten Blick wie ein riesenhaftes Gehirn im Kosmos. Im Zentrum ist der Zentralstem als schwacher Punkt zu erkennen, die helle innere Region wird von einem komplexen Netzwerk roter Staubwolken umgeben. Einige schwache, konzentrische blaue Schalen umgeben den Nebel. Auch hier scheint zuerst ein schwacher; episodischer Sternwind die äußeren Schalen erzeugt zu haben. Doch dann auf einmal verlor der Stern alle restlichen Schalen, ein katastrophaler Massenverlust, der "Superwind" genannt wird. Dabei entstand die helle, innere Region des Planetarischen Nebels. Die später auftretenden Masseabgabe waren aber nicht symmetrisch, so dass sich lokale, dichte Staubwolken ausbildeten. Auch dieser Nebel wurde mit der NICMOS-Kamera erforscht, die erstmals auch kühles, molekulares Gas rund um das leuchtende heiße enthüllt hat: NGC 7027 entpuppte sich als noch junger Planetarischer Nebel inmitten einer weniger als 1000 Jahre dauernden Entwicklungsphase.


Schmetterlings Nebel:

Schmetterlings Nebel
Schmetterlings Nebel
Der "Schmetterlings-Nebel" M2-9 wiederum ist ein typisch bipolarer Planetarischer Nebel, in dessen Zentrum ein enger Doppelstern entdeckt wurde. Es ist zu vermuten, dass der eine Stern dem anderen Masse entzog, so dass eine Scheibe vom l0-fachen Durchmesser der Pluto-Bahn um die Sonne entstand. Sie zwingt jetzt die mit mehr als 300 Kilometer pro Sekunde von einem der Sterne abströmenden Gase in zwei symmetrische Blasen, vergleichbar einem Düsentriebwerk. Wie bereits Beobachtungen mit Teleskopen auf der Erde zeigten, expandiert der 2100 Lichtjahre entfernte Nebel nach und nach. Er existiert erst seit etwa 1200 Jahren.


Stachelrochen Nebel:

Stachelrochen Nebel
Stachelrochen Nebel
Der wohl jüngste Planetarische Nebel ist Henize 1357, der sogenannte "Stachelrochen-Nebel". Noch vor 20 Jahren war sein Gas nicht heiß genug, um überhaupt leuchten zu können! Doch seit die Temperatur des zentralen Sterns begonnen hat, rapide anzusteigen, können die Astronomen quasi live die Entstehung eines Planetarischen Nebels mitverfolgen. Die ganze Übergangsphase dauert vielleicht nur 100 Jahre. Da Henize 1357 ungewöhnlich klein und mit 18 000 Lichtjahren auch relativ weit entfernt ist, konnte erst das Weltraumteleskop Hubble all die verwirrenden Strukturen auflösen, die bereits jetzt die Form des Nebels bestimmen. Ein zentrales Ergebnis gibt es schon: Die zwei großen Gasblasen, die ein verbreitetes Phänomen bei Planetarischen Nebeln sind, kommen dadurch zustande, dass ein dichter Gasring rund um den untergehenden Stern dem abströmenden Gas nur zwei Wege offenläßt. Die Gasströmung wird wie von einer Düse geleitet. Zudem entdeckte man, dass sich in dem Nebel nicht ein einzelner, sondern ein Doppelstern versteckt hielt. Dieser zweite Stern dürfte maßgeblich Einfluss auf die Gestalt des gesamten Nebels ausüben und könnte zum Beispiel für den Gasring verantwortlich sein. Auch die zwei Symmetrieachsen des Nebels, die auf dem Bild zu erkennen sind, sind wahrscheinlich eine Folge der Doppelnatur des Zentralsterns.


Kunst im All - Eindrücke:

Kunst im All - Eindrücke
Kunst im All - Eindrücke
Resultate von Galaxienkollisionen sind nicht nur Feuerwerke im Innern der Galaxien, es werden auch Sterne aus den Galaxien in den intergalaktischen Raum hinausgeschleudert. Schon fast 50 Jahre lang wurde vermutet, dass es in Galaxienhaufen intergalaktische Sterne gibt, die wohl aus den Galaxien gerissen worden waren, als sie sich bildeten oder später in Wechselwirkung standen. Die Entdeckung von Planetarischen Nebeln (also den leuchtenden Überresten untergegangener Sterne) zwischen den Galaxien des Virgo-Haufens und ein diffuses Leuchten im Innern von Galaxienhaufen schienen das tatsächlich zu bestätigen. Für eine genaue Abschätzung der Masse, die in diesen intergalaktischen Sternen steckte, reichte das aber nicht. Abermals brachte Hubble endlich die Antwort. Die lange Belichtung eines galaxienfreien Feldes im Virgo-Haufen wurde mit dem Hubble Deep Field verglichen, das sozusagen den "Hintergrund" des Kosmos zeigt. Überraschend war, dass im Virgo-Bild etwa 630 Quellen mehr gezählt werden konnten! Aus unserer eigenen Galaxis waren nur etwa 20 Sterne zu erwarten: Die 600 "überzähligen" Sterne erwiesen sich tatsächlich als Rote Riesen im Virgo-Haufen.

Wenn im Innern der Sterne der Wasserstoff verbrannt ist und sich ein Kern aus Heliumasche gebildet hat, ist der Stern von einem normalen Zwergstern wie die Sonne zu einem Roten Riesen geworden. Diese Heliumasche kann in einer gigantischen Explosion zu brennen anfangen. Die Explosion ist zunächst unsichtbar, da sie sich tief im Innern des Sterns abspielt. Doch der Stern ändert langfristig seine Struktur, er wird zunächst schwächer, bevor er seinen zweiten Aufstieg zum Riesenast macht. Jetzt brennt im Kern das Helium und hinterlässt Asche in Form von Atomkernen des Kohlenstoffs und Sauerstoffs. Dieses Heliumbrennen verläuft in den späteren Stadien in Form von einzelnen Explosionen ("Flashes"), und der Stern beginnt, immer mehr von seinen äußeren Schichten in den Weltraum abzugeben. Schließlich schrumpft er zu einem Weißen Zwerg zusammen, der eine hohe Temperatur sowohl im Zentrum wie auch an der Oberfläche hat. Sobald seine Oberfläche mehr als 100000C aufweist, sind die ausgesandten Lichtteilchen so energiereich, dass sie das vorher abgegebene Material zum Leuchten anregen - ganz so, als würde eine Leuchtstoffröhre angeschaltet.

Das fluoreszierende gasförmige Material bildet nun einen sogenannten Planetarischen Nebel. Solche Objekte, die vielfältige Formen und Farben aufweisen, sind also Zeichen der späten Sternentwicklung, die mit Planeten nichts zu tun haben. Der irreführende Begriff ist rein historischer Natur, weil manche dieser Nebelflecken im Teleskop wie die Scheibchen der fernen Planeten Uranus und Neptun aussehen können. Planetarische Nebel sind sozusagen die Grabsteine von Sternen, die ihre Energie nicht mehr aus Kernreaktionen gewinnen können. Wenn dann schließlich der Zentrale Stern, der als Weißer Zwerg eine Temperatur von einigen 1000000C erreichen kann, schließlich wieder auf eine Temperatur von 10000 0C abkühlt, sollte der Planetarische Nebel wieder verlöschen. Aber nach so langer Zeit hat er sich schon längst in den interstellaren Raum verflüchtigt; sein Material mischt sich mit dem interstellaren Gas und findet bei der Entstehung einer neuen Sterngeneration Verwendung.


Gravitationslinsen

Allgemeines:

"Eine Gravitationslinse"
"Eine Gravitationslinse"
Einer der seltsamsten Phänomene des Weltalls ist die sogenannte Gravitationslinse, eine Erscheinung, die dann auftritt, wenn sich ein entfernter Quasar oder eine Galaxie fast direkt hinter einer viel näheren Galaxie oder einem Galaxienhaufen befindet. Von der Erde aus gesehen wird das direkte Licht der entfernten Galaxie oder des Quasars von der vorgelagerten Galaxie oder dem Galaxienhaufen verdeckt, aber der entfernte Himmelskörper erscheint in zwei oder mehreren "Trugbildern" im Umfeld des näheren Körpers. Diese kosmische Täuschung wird von der Schwerkraft der Galaxie oder des Galaxienhaufens im Vordergrund verursacht, der das Licht des entfernten Himmelskörpers, den wir normalerweise niemals sehen würden, in unser Blickfeld umlenkt. Da unser Gehirn annimmt, dass sich Lichtstrahlen geradlinig ausbreiten, glauben wir fälschlicherweise mehrere entfernte Galaxien oder Quasare neben der Galaxie oder dem Galaxienhaufe im Vordergrund zu sehen. In Wirklichkeit befindet sich nur eine Galaxie oder ein Quasar direkt dahinter.

Der Galaxienhaufen 0024+1654 zum Beispiel wirkt als Gravitationslinse für die junge Galaxie hinter ihm. Sie erscheint als blaue Bögen in einem Ring um das Zentrum des Galaxienhaufens herum. Die Länge der Bögen hängt davon ab, wie genau der Galaxienhaufen und die junge Galaxie, bezogen auf unsere Blickrichtung, hintereinander stehen. Im Falle einer exakten Ausrichtung würde man die junge Galaxie als einen vollständigen Lichtring, den "Einsteinring", sehen.


Am Rande des Universums - Hubble als Zeitmaschine

Allgemeines:

Was wäre, wenn man das Hubble-Teleskop für einige Wochen auf die genau gleiche Stelle des Himmels richten und eine Aufnahme des Kosmos machen würde? Kein Astronomen-Team würde die Beobachtungszeit für ein solches Projekt von der Gruppe von Gutachtern erhalten, die alle Beobachtungsanträge prüft und beurteilt; es gibt einfach so viele Vorschläge, so viele interessante Dinge, die man in der nur begrenzten Zeit beobachten möchte. Bei manchen Sternwarten gibt es glücklicherweise (und auch beim Hubble-Weltraumteleskop) ein bestimmtes Kontingent an Beobachtungszeit, dessen Vergabe im Ermessen des lnstitutsdirektors steht. Deshalb wird diese Zeit auch "Direktorenzeit" genannt. Im allgemeinen stellt dieser kurzfristig bei unvorhergesehenen Ereignissen bestimmten Teams solche Zeiten zur Verfügung. Einige Wochen wurden Ende 1995 dafür verwendet, ein Gebiet des Himmels zu beobachten, dessen hervorragendste Charakteristik darin bestand, dass es nichts enthielt - weder einen Stern, noch eine helle Galaxie, keinen Quasar, keine auffällige Radio- oder lnfrarot-Quelle. Dieses Areal von etwa einem Dreißigstel der Größe des Vollmonds liegt im Sternbild Ursa Major, das auch als großer Wagen bezeichnet wird, und zwar etwas nördlich vom Stern Delta Ursae Majoris (der Stern des Wagens, an dem die "Deichsel" befestigt ist). Als "Hubble Deep Field" (HDF) ist dieses kleine Himmelsfeld schon jetzt eine astronomische Legende. Während zehn aufeinanderfolgenden Tagen zwischen dem 18. und 28. Dezember 1995 wurden mit der Wide Field Planetary Camera 2 (WFPC2) insgesamt 342 Bilder in vier Farbbereichen aufgenommen.

In den folgenden zwei Wochen bemühte sich ein internationales Astronomenteam, die einzelnen Bilder in den verschiedenen Farben sorgfältig zu addieren, um sie schließlich zu einem Farbbild zu vereinigen. Bereits am 15. Januar 1996 wurde es feierlich der astronomischen Öffentlichkeit vorgestellt. Es erregte ungeheures Aufsehen, das nicht nur die Fachwelt betraf. Je nach Farbe zeigte das Himmelsfeld zwischen 3- bis 15mal schwächere Himmelsobjekte - nahezu alles ferne Galaxien - als jedes andere vergleichbare "Deep Field", das Astronomen bisher aufgenommen hatten. Zum allerersten Mal war im roten Farbbereich sogar die 30. astronomische Größenklasse erreicht worden, eine Zahl, die das Herz jedes Astronomen höher schlagen lässt. Je höher die "Größenklasse" ist, desto schwächer erscheint ein Stern oder eine Galaxie am Himmel. Die 30. Größe bedeutet, dass eine Galaxie zweieinhalbmilliardenmal schwächer am Himmel strahlt als der schwächste Stern, den wir mit bloßem Auge an einem sehr dunklen Nachthimmel gerade noch erkennen können! Wieder einmal hatte Hubble ein neues Fenster ins Universum aufgestoßen. Wie sieht nun der Blick in die Tiefen des Alls aus?

"Hubble Deep Field Nord"
"Hubble Deep Field Nord"
Wie sähe nun ein ewig andauerndes Universum aus, unendlich ausgedehnt und überall mit leuchtender Materie (Sternen oder Galaxien) erfüllt? Diese Frage ist schon früh gestellt worden, worauf der Bremer Arzt und Hobbyastronom Heinrich Wilhelm Olbers 1823 bereits eine treffende Antwort geben konnte: Der Nachthimmel müsste strahlend hell sein, denn irgendwann müsste der Sehstrahl des irdischen Beobachters an jedem Fleck des Himmels auf eine leuchtende Sternoberfläche treffen. Dies widerspricht natürlich unserer Beobachtung, dass der Nachthimmel dunkel ist, und wird deshalb als Olberssches Paradoxon bezeichnet. Olbers selbst hatte schon eine erste Erklärung vorgeschlagen:. Ein lichtverschluckendes Medium, etwa Staub, zwischen den Sternen könnte die Strahlung der weit entfernten Sterne von uns abschirmen.

Während professionellen Astronomen zunächst wenig Interesse an dieser Frage zeigten, wagte sich der heute mehr als Autor von Gruselgeschichten bekannte amerikanische Journalist Edgar Allan Poe in einer umfangreichen Broschüre mit dem Titel "Heureka" an die Lösung des Rätsels. Der Kosmos ist endlich in der Zeit, aber das Licht der fernen Sterne hat noch nicht genügend Zeit gehabt, uns zu erreichen. Und er sollte recht behalten! Doch es dauerte noch bis Ende der 80er Jahre unseres Jahrhunderts, bis sich die Kosmologen wirklich sicher waren: Es ist in allererster Linie das endliche Alter des Universums, das den Nachthimmel dunkel macht, und nicht etwa seine Expansion, die das Licht der entferntesten Galaxien ins tiefe Rot verschiebt. Dieser Effekt würde bestenfalls ausreichen, den Himmel um einen Faktor 2 dunkler zu machen - doch er wäre immer noch taghell. Wird es nachts dunkel, so beweist dies letztlich, dass das Universum einen Anfang vor endlicher Zeit hatte. Wenn doch nur alle kosmologischen Erkenntnisse so "offensichtlich" wären!

Hubbles Blick war nun tiefer denn je in den Kosmos vorgedrungen; tief bedeutet hier: hin zu immer schwächer leuchtenden Himmelsobjekten. Lediglich ein paar Sterne unserer Milchstraße sind zu erkennen, ihre Zahl wird von der Zahl entfernter Galaxien bei weitem übertroffen - das hellste Objekt ist ein mit Beugungsspitzen versehener Stern etwa 20. Größe, die schwächsten noch sichtbaren Objekte sind mit ihrer knapp 30. Größe 10000mal schwächer. Insgesamt kann man etwa 2000 Galaxien erkennen. Zwar ist das Hubble Deep Field nicht das große Buch der Erkenntnis, aus dem die Geschichte des Universums abgelesen werden kann, es ermöglicht aber, den Wahrheitsgehalt von "Geschichten des Universums", die Theoretiker erfunden haben, zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu revidieren. Haben wir aber in dem Himmelsfeld überhaupt alle Galaxien gesehen? Oder verbergen sich im elektronischen Rauschen zwischen den einzelnen Sternsystemen noch viele weitere Objekte, die Hubbles Wide Field Planetary Camera 2 (WFPC2) gerade nicht mehr erkennen konnte?

"Hubble Deep Field Süd"
"Hubble Deep Field Süd"
Erstaunlicherweise lässt sich selbst eine so kühne Frage beantworten. Mit mathematischen Methoden (Stichwort: Autokorrelation) kann man analysieren, ob die etwas helleren Bildpunkte zwischen den Galaxien im Hubble Deep Field rein zufällig verteiltes Rauschen darstellen oder ob dort noch schwache Galaxien verborgen sein könnten, die das Auge nur nicht mehr sofort als solche wahrnehmen kann. Die Analyse wurde 1998 fertig und gab recht eindeutig Antwort: Im Hubble Deep Field haben wir tatsächlich das ganze Weltall in dieser Richtung gesehen! Zwar kann es noch jede Menge weitere Galaxien zwischen den 2000 erkennbaren geben, aber ihr Licht würde zusammengenommen maximal ein paar Dutzend Prozent des Lichts aller gesichteten Sternsysteme beisteuern. Und dennoch sehen wir nicht den ganzen Kosmos, wie lange wir mit Hubble auch belichten würden - diese Erkenntnis verdanken wir einem anderen Astronomiesatelliten und einer noch mühsameren Datenanalyse.

Anfang der 90er Jahre hatte der Cosmic Background Explorer (COBE) der NASA den ganzen Himmel wieder und wieder mit Teleskopen abgetastet, die für den fernen Infrarotbereich, eine Übergangszone zwischen Licht und Radiostrahlung, empfindlich waren. Was sie vor allem sichteten, war warmer Staub, der von Sternen aufgeheizt wurde. Auf den Himmelskarten des DIRBE-lnstruments war sofort Staub in unserem eigenen Sonnensystem und in der Milchstraße sichtbar geworden. Es dauerte sieben Jahre, um all diese Staubkomponenten zu analysieren - und sie sorgfältig aus den Bildern heraus zu rechnen. Anfang 1998 waren sich mehrere unabhängig voneinander arbeitende Astronomenteams sicher: Auch wenn man allen bekannten Staub abzieht, bleibt immer noch ein "Hintergrundleuchten" übrig, genau genommen bei Wellenlängen ab 140 Mikrometern (0,14 mm). Noch ist völlig unklar, wo im Weltraum der Staub sitzt, der für dieses Infrarotleuchten verantwortlich ist; doch die Helligkeit des aus allen Richtungen völlig gleichmäßig strahlenden Leuchtens verrät trotzdem viel über die wahre Geschichte der Sternbildung im Universum. Uns wurde selbst mit Hubble rund zwei Drittel des Lichts aller Sterne vorenthalten, weil es durch Staub gleich wieder verschluckt wurde. Nun hat COBE dieses Licht aber gefunden; und so wird sich die Geschichte des Kosmos bald kompletter denn je beschreiben lassen. Zum Beispiel muss die Bildung neuer Sterne im Ablauf der kosmischen Evolution neu überdacht werden. Denn wir dürfen uns nicht, wie bisher zuweilen geschehen, ganz auf das Betrachten der Galaxien im sichtbaren Licht verlassen - alle Wellenlängen müssen Beachtung finden! Ermöglicht haben das erst die Teleskope im Weltraum. Auch das Hubble Deep Field wird sich erst dann richtig einordnen lassen, wenn es in allen verfügbaren Spektralbereichen untersucht worden ist.


Die Tiefe des Hubble Deep Field:

Wie tief in den Raum hinein reicht nun eigentlich das Hubble Deep Field, der insgesamt l0tägige Rekordblick des Weltraumteleskops auf ein und dieselbe Stelle des Himmels? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da nur von den hellsten der über 1500 Galaxien auf dem Bild die Rotverschiebung direkt mit Spektrographen gemessen werden konnte. Aber weil die Einzelaufnahmen in vier verschiedenen Farben aufgenommen wurden, lässt sich die Rotverschiebung mit einer gewissen Sicherheit auch bei viel schwächeren Galaxien abschätzen. Charakteristische Details in Galaxienspektren wandern bei immer höherer Rotverschiebung natürlich zu immer längeren Wellen hin. Bemerkenswert ist dabei besonders die sogenannte Lyman-Grenze. Neutraler Wasserstoff im intergalaktischen Raum unterdrückt die Spektren ferner Galaxien unterhalb einer bestimmten ultravioletten Wellenlänge radikal. Ein regelrechter "Wald" von Absorptionslinien des Wasserstoffs von intergalaktischen Wolken dämpft zusätzlich auch den Rest des UV-Spektrums - und beide Effekte treffen auf alle fernen Galaxien ungeachtet ihrer Eigenschaften zu, weil nur der Raum zwischen ihnen und uns dafür verantwortlich ist.

Das ermutigt, allein durch die Aufnahmen von CCD-Bildern durch verschiedene Filter die Rotverschiebung von Objekten im Hubble Deep Field (HDF) abzuschätzen. Das Verfahren klappt mit "simulierten" Galaxien auch recht gut; bei den meisten lieferte der Farbentrick praktisch genau die Rotverschiebung, die vorher hineingesteckt worden war. Binnen weniger Jahre ist das Verfahren zum Standard geworden, wenn es darum geht, die Entfernung einer großen Zahl von schwachen Galaxien in kurzer Zeit zu bestimmen oder abzuschätzen.

Hubble Space Teleksop
Hubble Space Teleksop
Nur im nahen infraroten Bereich sind die Galaxien noch zu sehen. Den letzten Beweis dafür, dass es sich bei den infraroten Lichtpunkten tatsächlich um extrem ferne Galaxien handelt, liefert das Mehrfarbenverfahren zwar nicht, aber Galaxien gelten zumindest als die am wahrscheinlichste Erklärung. Einige dieser Objekte scheinen auch räumlich aufgelöst oder zumindest keine Sterne zu sein. Würden wir davon ausgehen, dass die extremen Rotverschiebungen richtig wären, dann liegen die Leuchtkräfte dieser Galaxien zwischen 100 und 1000 Sonnenleuchtkräften, und sie wären grob 3000 Lichtjahre groß. Eine solche Strahlungsleistung wäre moderat, verglichen mit manchen leuchtkräftigen Galaxien. Die Starburst-Galaxien in unserer Nähe erleben gerade Phasen starker Sternbildung. Wir werden hier vermutlich Zeuge der ersten Sternentstehung im Universum, die mit dem ersten Kollaps der Galaxien einhergeht, und die infrarot hellen Flecken sind Bestandteile größerer Galaxien. Auch mit unserer Milchstraße könnte es wohl einmal so angefangen haben.

Doch wann war das? Bei derart gigantischen Rotverschiebungen hängen Aussagen wie "x Prozent des Alters des Universums" oder "y Millionen Jahre nach dem Urknall" bereits in starkem Maße vom bevorzugten Weltmodell ab! Beim Blick zu den fernen Galaxien würden wir im mathematisch aller einfachsten Fall bereits über 95 % der Zeit seit dem Big Bang zurücklegen und Vorgänge verfolgen, die sich weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall abspielten. Angesichts der Fülle von neuen Erkenntnissen ist ein solches Weltbild natürlich nicht mehr zu vertreten. Betrachten wir eine Kosmologie, die aufgrund ihrer positiven Kosmologischen Konstante immer wahrscheinlicher geworden ist, sind zwischen dem Urknall und einer so extremen Rotverschiebung bereits mehrere Jahrmilliarden vergangen. Die Existenz von Galaxien mit so hoher Rotverschiebung wäre ein weiteres Argument für diese Kosmologie, weil sie dann genügend Zeit für ihre Entstehung gehabt hätten.


Auf der Suche nach den kosmischen Zahlen:

Kosmische Strukturen
Kosmische Strukturen
Vergangenheit und Zukunft des Universums lassen sich erstaunlich genau beschreiben, wenn man nur eine Handvoll Zahlen ermittelt hat. Zu Beginn unseres Jahrhunderts war dies eine verblüffende Erkenntnis der (theoretischen) Kosmologie. Und manche fundamentalen Formeln sind erstaunlich simpel. Zwischen der Entfernung und der Rotverschiebung einer Galaxie (durch deren kosmische "Fluchtgeschwindigkeit") besteht die einfache Beziehung v = H0 d, wobei v die Geschwindigkeit in Kilometer pro Sekunde, d die Entfernung in Megaparsec (1 Megaparsec = 3 260 000 Lichtjahre = 3,1 x 1019 Kilometer) und H0 die sogenannte Hubble-Konstante bezeichnen, das Maß für die Rate, mit der sich der Kosmos ausdehnt. Im Grunde ist die Bestimmung dieser Zahl einfach. Man trägt die Rotverschiebungen gegen die Entfernungen einer Anzahl von Galaxien auf, so dass sich ein linearer Zusammenhang ergibt: das berühmte Hubble-Gesetz. Die Steigung der Geraden liefert dann den Wert der Hubble-Konstante. Wie exakt dieser Wert allerdings ist, hängt ganz von der Qualität der Messung der Rotverschiebung (sie ist meist hoch) und der Entfernungen ab. Und genau hierin liegt das Problem. Als Edwin Hubble 1929 zum ersten Mal ein "Hubble-Diagramm" erstellte, erhielt er einen Wert von 530 km/s pro Megaparsec für die Konstante. Und das war, wie wir heute wissen, um mindestens einen Faktor 6 zuviel. Bestimmt man die Hubble-Konstante heute, erhält man Werte, die fast immer zwischen 50 und 100 km/s pro Megaparsec liegen, häufig sogar zwischen 60 und 80. Wenn wir der Einfachheit halber einmal annehmen würden, dass 100 der richtige Wert sei, sagt das Hubblesche Gesetz, dass sich eine Galaxie in 1 Megaparsec (Mpc) Entfernung mit einer Geschwindigkeit von 100 km/s von uns entfernt. Demzufolge hat eine Galaxie in 2 Mpc Entfernung dann 200 km/s und eine in 10 Mpc Entfernung 1000 km/s Geschwindigkeit. Dies bedeutet auch, dass wir mit dem Kehrwert der Hubbleschen Konstanten ein Maß für das Weltalter gefunden haben. Könnten wir in unserem Universum die Zeit rückwärts laufen lassen, so würden alle Galaxien mit ihren heutigen Geschwindigkeiten nicht von uns weg sondern auf uns zu laufen. Es käme irgendwann zu einer allgemeinen Kollision, welche nichts anderes als der Urknall wäre - die Geburt des Universums aus einer heißen, dichten Phase. Doch so einfach ist es nicht. Neben der Hubble-Konstante gibt es nämlich noch weitere bezeichnende Größen, die die Struktur und Entwicklung des Universums beschreiben: den Beschleunigungsparameter q, den Dichteparameter ω, den Druck p, die Größe λ (die Kosmologische Konstante) sowie die Krümmung des Raumes, die allesamt in bestimmter - und mathematisch zum Teil recht komplizierter - Weise zusammenhängen. Keine dieser Größen lässt sich jedoch berechnen, sie müssen alle gemessen werden - und die Natur gibt sie nur sehr widerwillig preis. Der Beschleunigungsparameter gibt an, ob und wie stark sich die Expansion des Universums vom Urknall an verlangsamt hat. Der Dichteparameter gibt an, ob die Dichte des Universums so hoch ist, dass die zwischen den Teilchen wirkende Schwerkraft die Expansion des Universums irgendwann aufhält und es dann wieder zum Kollaps kommen kann. Die hierfür nötige Dichte nennt man kritische Dichte. Der Druck setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: dem Strahlungsdruck und dem Druck aus der Bewegung der Galaxien. Er wird in der heutigen Zeit vernachlässigt. Die Kosmologische Konstante gibt Auskunft darüber, ob es zwischen weit entfernten Objekten eine mit der Entfernung zunehmende abstoßende Kraft (oder zusätzlich zur Gravitation eine Anziehung) gibt oder nicht. Im letzteren Fall ist λ = 0. Die Werte -1, 0 oder +1 beschreiben die Krümmung des Raums. Ist die Krümmung 0, so ist der Raum flach oder euklidisch; beträgt die Krümmung +1, so ist der Raum sphärisch, also positiv wie eine Kugel gekrümmt; ist die Krümmung -1, so ist der Raum hyperbolisch, also negativ gekrümmt wie ein Sattel.

Eine heute weitverbreitete Theorie ist die Theorie vom "inflationären Universum", die über das allgemein akzeptierte Standardmodell des Universums hinausgeht. In ihrer einfachsten Form besagt sie, dass es heute keine zusätzliche Abstoßung im Universum gibt (Kosmologische Konstante gleich Null), dass aber das Universum durch Vorhandensein einer Kosmologischen Konstante auf das Vielmilliardenfache seines ursprünglichen Durchmessers "aufgeblasen" wurde. Daraus ist zu schließen, dass heutzutage der Weltraum ein flacher Raum ist, in dem die Lehrsätze der euklidischen Geometrie, die wir in der Schule gelernt haben, uneingeschränkte Gültigkeit besitzen, und welche besagen, dass die Dichte des Universums der kritischen Dichte entspricht. Allerdings trägt die beobachtbare (leuchtende) Materie weniger als 1 % zur kritischen Dichte bei, nicht leuchtende Materie (sehr kaltes oder sehr heißes dünnes Gas, frei fliegende Planeten oder Schwarze Löcher) beteiligt sich mit bis zu 10 % . Die restlichen 90 % müssen aus dunkler Materie bestehen, möglicherweise aus massereichen Elementarteilchen, die nur schwach mit der "gewöhnlichen Materie" des Universums in Wechselwirkung stehen. Doch dies ist alles eine Theorie und blanke Vermutung, und vielleicht wird man in einigen Jahren über unser "flaches Universum" so lachen wie wir über die Leute im tiefen Mittelalter; die an eine "flache Erdscheibe" glaubten. Tatsächlich deutet sich aufgrund der neuesten Beobachtungen - auch mit Hilfe des Hubble-Teleskops - ein wesentlich anderer Kosmos an.


Die ewige Suche nach der Hubble Konstanten:


Es erwies sich als völlig gleichgültig, welches Weltmodell man zugrunde legt, aus den Formeln für das Alter des Universums ergaben sich Werte, die zwischen 2/3. 11H0 und 11H0 liegen: Der erste, kleinere Wert würde sich ergeben, wenn die Dichte im Universum der kritischen Dichte entspräche, der zweite, wenn die Dichte extrem gering ist. Im Fall H0=100 wäre das Universums zwischen 7 und 10 Milliarden Jahre alt, für den Fall H0= 50 wären die Werte doppelt so groß. Sollte allerdings die Kosmologische Konstante nicht nur nicht Null, sondern positiv und groß sein, dann würde sich die "Hubble-Konstante" (die dann eine Hubble-Variable wäre) im Laufe der Geschichte des Universums erheblich ändern und bliebe unter Umständen Milliarden Jahre lang sehr klein, um anschließend wieder größer zu werden und den heutigen Wert zu erreichen. Das Alter eines solchen Universums läge dann sogar wesentlich höher, als der Kehrwert der heutigen Hubble-Konstante andeuten würde. Ein Kosmos mit H0 = 80 könnte dann beispielsweise trotzdem 20, 30 oder noch mehr Milliarden Jahre alt sein. Welches nun das beste der Weltmodelle sein soll, darüber ließe sich bis ins Unendliche streiten. Man kann aber auch die entscheidenden Größen (Hubble-Konstante, Dichte und Kosmologische Konstante) einfach messen. Und hier hat das Hubble-Teleskop wie kein anderes Instrument die Astronomie weiter voran gebracht.

Cepeiden
Cepeiden
Wir wissen heute, dass Hubbles Entfernungsabschätzungen von 1929 fehlerhaft waren, und wir wissen auch, wie man es besser macht. Wenn man aber dem Streit der Forschergruppen folgt, wissen wir offenbar dennoch nicht, wie man es richtig macht. Verlässt man sich auf einen guten "fernen" Entfernungsindikator die Supernovae (explodierende Sterne), und eicht man deren Helligkeit mit den wohlbekannten Cepheiden (pulsierende Sterne)? Oder nimmt man Cepheiden und eicht damit ein ganzes Arsenal ferner Entfernungsmesser, mit denen man dann die Distanzen entfernterer Galaxien ermittelt? Oder ersetzt man die Cepheiden durch andere nahe Entfernungsmesser, die womöglich genauso gut oder sogar besser sind? Das Hubble Space Telescope hatte unter anderem die Hauptaufgabe, nach pulsierenden Sternen der Cepheiden Klasse in fernen Galaxien zu suchen, um ihre Entfernungen besser bestimmen zu können. Ist die Periode eines Cepheiden bekannt, so kennt man dank der kürzlich nochmals bestätigten Perioden-HeIligkeits-Beziehung dieser Sterne auch seine wahre Leuchtkraft. Vergleicht man nun diese berechnete Leuchtkraft mit der scheinbaren Helligkeit, so ist die Entfernung leicht zu berechnen, in der sich der Stern befindet, womit auch die Entfernung der Galaxie bestimmt werden kann. Beispielsweise dienen Supernovae vom Typ 1a dann als "Standardkerzen" für den Sprung in größere Distanzen. Da sie in der Nachbarschaft der Milchstraße so selten vorkommen, müssen die Entfernungen zu den Galaxien, in denen diese Supernovae aufgeleuchtet sind, durch Beobachtung von Cepheiden bestimmt werden. So greift ein Verfahren ins andere, und abhängig von der Auswahl und der Gewichtung ermitteln verschiedene Forschergruppen verschiedene Werte für die Hubble-Konstante. Immerhin haben sich die "feindlichen" Lager mittlerweile einander so weit angenähert, dass die meisten ermittelten Werte von H0 zwischen 60 und 80 km/s pro Megaparsec zu finden sind, was auf ein Weltalter irgendwo zwischen 7 und 17 Milliarden Jahre deutet. Dem vielköpfigen Team zufolge wird der endgültige Wert von H0 wohl knapp unter 70 km/s/ Mpc liegen.

Es gibt allerdings auch Astronomen, die sich ausschließlich auf die Supernova-Explosionen als Standardkerzen für die großen Distanzen verlassen und davon überzeugt sind, dass der richtige Wert noch unter 60 liegt. Und die Fraktion, deren Hubble-Konstanten immer größer als 80 sind, besteht ebenfalls noch. Die Situation unterscheidet sich im Prinzip nur wenig vom Streit "50 gegen 100", der schon vor 20 Jahren tobte. Doch etwas ist anders geworden: Alle Gruppen beginnen jetzt ihren kosmologischen Leiterbau mit Beobachtungen des Hubble-Teleskops in Nachbargalaxien, sei es von pulsierenden Cepheidensternen oder ebenfalls hellen Typen bestimmter Riesensterne.



Die Zukunft des Universums: Ewige Expansion

Expansion - Stillstand - Kontraktion
Expansion - Stillstand - Kontraktion
Den absoluten Maßstab des Universums hat die Astrophysik also noch immer heraus gefunden. Was jedoch nicht heißt, dass über andere fundamentale Eigenschaften des Kosmos keine klareren Aussagen möglich wären. Eine wichtige Rolle bekommt das Weltraumteleskop bei der Bestimmung der Dichte des Alls und damit des Beschleunigungsparameters - und auch der Kosmologischen Konstanten. Die beste Methode zur Vermessung der Raumgeometrie basiert wiederum auf Supernovae des speziellen Typs 1a. Diese Sternexplosionen sind zwar nicht alle gleich hell, betrachtet man aber den zeitlichen Verlauf der Helligkeit, lassen sich Korrekturen anbringen und die relativen Abstände zwischen den einzelnen Explosionen in verschieden weit entfernten Galaxien mit hoher Genauigkeit bestimmen. Selbst wenn die absoluten Distanzen umstritten bleiben, so genügen die relativen Zahlen völlig, um herauszufinden, ob sich die Expansionsrate des Alls (die "Hubble-Konstante") im Laufe der Jahrmilliarden verändert hat und wenn ja, in welche Richtung. Hierzu trägt man die korrigierte größte Helligkeit der fernen Supernovae gegen die Rotverschiebungen der Galaxien auf, wo sie explodierten. Und abhängig von V und l wird die resultierende Kurve anders verlaufen. Die Unterschiede werden allerdings erst ab Rotverschiebungen von etwa 0,4 deutlich; so war die Entdeckung einer Supernova mit z = 0,83 im Jahre 1997 Anlass zur Freude. Dieser eine Datenpunkt verbesserte schlagartig die Aussagen erheblich, und erstmals wurde es sehr wahrscheinlich, dass ω deutlich kleiner als 1 ist und die Dichte des Universums also weit unter der kritischen Dichte liegt. Diese Erkenntnis sollte aber erst den Anfang darstellen: Die Forscher um Saul Perlmutter von der Universität Berkeley können jetzt nach jahrelangen Vorarbeiten Supernova-Entdeckungen in fernen Galaxien wie am Fließband produzieren und so zum Beispiel Hubblebeobachtungen bestimmter kritischer Fälle lange im voraus buchen, dann nämlich, bevor das Licht der Sternexplosion überhaupt die Erde erreicht hat. Nach jedem Neumond werden in 2 Nächten mit dem 4-Meter-Teleskop auf dem Cerro Tolob in Chile 50 bis 100 Himmelsfelder weitab von der Milchstraße aufgenommen, wovon jedes rund 1000 Galaxien enthält. Das Ganze wird drei Wochen später wiederholt, wobei leistungsfähige Rechner in Berkeley dann nach Veränderungen suchen. Im allgemeinen werden 2 Dutzend Supernovae entdeckt.

Mehrere Großteleskope in Chile, Hawaii, Arizona und den Kanarischen Inseln sowie das Hubble-Teleskop können dann den kompletten Helligkeitsverlauf der Sternexplosion verfolgen, um die Spektren der Supernovae und die Rotverschiebungen der Galaxien zu messen. Um diese Aktion in Gang zu setzten waren nicht nur moderne Detektorsysteme erforderlich; ohne das Internet, mit dessen Hilfe man die riesigen Datenmengen rund um die Welt schieben kann, wäre dieses erfolgreichste Supernova-Suchprogramm aller Zeiten nicht möglich. Über die fernen 1a-Supernovae konnte so zum Beispiel gelernt werden, dass ihre Spektren denen der heutigen Supernovae gleichen, sich infolgedessen die Physik der Explosionen also in den letzten 5 Milliarden Jahren nicht geändert hat. Im Januar 1998 hatte Perlmutters Gruppe bereits 40 passende Supernovae zusammen, und die kosmologischen Schlussfolgerungen daraus waren revolutionär. Die Punkte ließen jetzt bereits eine sehr deutliche Abweichung von jener Linie erkennen, die zu ω = 1 gehörte, und zwar in eine Richtung, die eine Dichte weit unter der kritischen anzeigte. Der Lieblingsfall vieler Theoretiker; nämlich ein flaches Universum ohne Kosmologische Konstante (ω = 1 und λ= 0), konnte somit mit 99 %iger Sicherheit eindeutig ausgeschlossen werden - und eine ewige Expansion des Universums war nahezu bewiesen. Eine so klare Aussage schafft für die beobachtende Kosmologie eine grundlegend neue Situation.

Es ist jedoch noch ein größerer Spielraum von Parametern möglich, wobei aber eine weit unterkritische Dichte und gleichzeitig eine positive Kosmologische Konstante recht wahrscheinlich geworden sind. Natürlich reicht eine Studie allein noch nicht, um die Zukunft des Kosmos zuverlässig zu klären - aber es kommen noch mehr Fakten hinzu. So sucht ein weiteres Programm nach 1a-Supernovae in fernen Galaxien, die mit Teleskopen auf der Erde entdeckt und anschließend, während sie verblassen, mit dem Weltraumteleskop Hubble weiter beobachtet werden. Auch hier sind immer mehr Funde zu vermerken. Und wieder lautet die Schlussfolgerung, dass ω <1 und λ >0 ist, ja - die Daten lassen sogar vermuten, dass sich die Expansion des Alls gegenwärtig beschleunigt. Diese Wirkung der positiven Kosmologischen Konstante kam für viele unerwartet, und Gerüchte von einer geheimnisvollen "Antischwerkraft" geisterten durch die Medien - dabei war auch dieser Fall in der allgemeinen Relativitätstheorie von 1917 "erlaubt". Noch ganz andere Verfahren zur Vermessung der Geometrie des Universums liefern jetzt konsequent ω-Werte in der Größenordnung 0,2 oder noch darunter. Überraschend mussten die messenden Kosmologen auf einer bedeutenden Tagung der Astrophysik in Washington Anfang 1998 feststellen, dass ihre Werte weitestgehend übereinstimmten; wobei noch ein Jahr zuvor in Sachen ω noch fast alles möglich gewesen war. Die Beobachtungen gehen weiter, um die Parameter immer genauer festzulegen. Und speziell für die präzise Helligkeitsmessung weit entfernter Supernovae ist das Hubble-Teleskop auch künftig sehr gefragt. Selbst seine neue lnfrarotkamera NICMOS wird dabei zum Einsatz kommen, um den fernsten und "rötesten" Supernovae auf der Spur zu bleiben und die zulässigen Werte für ω und λ immer weiter einzugrenzen. Mit dieser Möglichkeit hat die beobachtende Kosmologie ein grundlegend neues Qualitätsniveau erreicht. Nur auf die Frage aller Fragen - warum sind die Werte der diversen Größen genau so, wie sie sind, und nicht anders, zum Beispiel null? - weiß sie keine Antwort. Vorerst jedenfalls nicht.



Der Urknall - uns was kommt danach?
Der Urknall - uns was kommt danach?

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